Alle Jahre wieder
Weihnachtsgefühle…wo sind sie geblieben?
Alle Jahre wieder…sollen wir, so steht es zumindest im Kalender, für drei Tage in hochweihnachtliche Stimmung verfallen und das Fest der Liebe in fröhlichem Beisammensein glücklich zelebrieren. Aber nur, weil es der Kalender so vorgibt, macht sich bei mir schon lange nicht mehr automatisch ein weihnachtliches Gefühl breit, was auch immer das überhaupt sein mag. Ich kann mich noch dunkel erinnern, dass ich als Kind immer sehr aufgeregt war, wenn es damit losging, dass ich jeden Tag ein Türchen an meinem Adventskalender öffnen durfte. Auch beim Wunschzettel schreiben habe ich mir immer große Mühe gegeben und meine ganze kindliche Kreativität zu Papier gebracht. Und wenn am Weihnachtsabend dann die Wohnzimmertür geöffnet wurde, die tagsüber konsequent verschlossen blieb, und ich die zahlreichen Geschenke unter dem leuchtenden Weihnachtsbaum erblickte, begannen natürlich auch meine Augen zu leuchten. Aber jetzt als Erwachsener erlebe ich Weihnachten natürlich ganz anders. Und so geht es sicherlich nicht nur mir. Schon mehrere Wochen vor dem Fest geht der Stress los mit Geschenke kaufen, Wohnung dekorieren, Familientreffen planen, Lebensmittelvorräte kaufen und so weiter. Und das alles bei extremem Sonnenlichtmangel und eher nasskaltem Wetter. Zudem hat uns der Erwachsenen-Alltag im Griff und wenn man nicht schon durch private Sorgen und Probleme keinen Sinn für „Christmas-Songs“ und glitzernde Dekoration hat, dann genügt eigentlich auch der Blick nach „draußen“, der Blick in die Welt und auf das, was gerade in den letzten Wochen und Monaten dort so geschieht. Es ist ja nun mal so, dass es vielen Menschen gar nicht vergönnt ist, egal wie, Weihnachten zu feiern. Sei es, weil sie krank sind, weil sie arm sind oder die Zustände in ihrer Heimat es einfach nicht zulassen. Es gibt genügend Beispiele. Mich jedenfalls bedrückt es schon, dass Weihnachten nicht für jeden bedeutet, satt zu werden und es warm und gemütlich zu haben. Mehr braucht es ja eigentlich nicht, um das Fest der Feste zu feiern.
Die Sache mit dem Gewissen
Darf man nun als Erwachsener einfach lustig Weihnachten feiern oder wäre ein schlechtes Gewissen nicht viel angebrachter, wenn wir viel zu viel Geld für Geschenke ausgeben und bei viel zu viel Essen mit Freunden und Familie im Warmen sitzen und uns über das ein oder andere Geschenk ärgern, das irgendwie gar nicht unseren geäußerten Wünschen entspricht? Diese Frage habe ich mir schon öfter gestellt. Ich kann das, aber Du nicht, nur, weil Du im falschen Land geboren wurdest oder Du kein Geld zur Verfügung hast. Ich habe irgendwann mal beschlossen, keine Nachrichten mehr im Fernsehen zu schauen oder im Radio zu hören und mir Gedanken über das Leben anderer zu machen. Warum soll man sich in seinem Leben nicht mal einfach nur auf sich selbst konzentrieren? Ich kann ja schließlich nichts für die Geschehnisse in dieser Welt und die ganzen menschlichen Schicksale. Natürlich hilft Wegschauen niemandem sonst, aber mir könnte es vielleicht helfen, diverse unangenehme Gedanken oder ein schlechtes Gewissen einfach auszublenden. Dachte ich zumindest. Nur leider ist es im Zeitalter der digitalen Vernetzung so, dass einen die schlimmsten Nachrichten sowieso auf irgendeinem medialen Weg erreichen. Außerdem ist auf das Mitteilungsbedürfnis der Menschen im eigenen Umfeld immer Verlass. Und dann als Ahnungsloser daneben zu stehen und sich jedem Gespräch zu verweigern, ist auch nicht wirklich befriedigend. Denn eigentlich möchte ich ja schon wissen, was auf der Welt so los ist. Ob es sich nun um schöne Ereignisse handelt oder um negative. Aber was ist nun mit Weihnachten und dem schlechten Gewissen? Sich jede Art von Vergnügen und Oberflächlichkeit zu verbieten, hilft unterm Strich natürlich keinem. Auch nicht dem, der keine Möglichkeit dazu hat. Das ist schon klar. Wenn man selbst die Gelegenheit dazu hat, dann sollte man sie auch nutzen und dankbar dafür sein. Ich denke, das ist ein guter Weg. Dankbarkeit. Sich einfach selbst bewusst machen, was man für Möglichkeiten hat und diese auch Wert zu schätzen. Nichts ist selbstverständlich. Und alles kann sich jederzeit ändern. Also bin ich froh, dass ich Weihnachten feiern kann und hoffe, dass es vielen anderen genauso geht.
Noch einmal Kind sein dürfen
Aber wie beschwört man nun den Geist der Weihnacht herauf, wenn er sich so gar nicht in einem breit machen möchte? Auf drei übersinnliche Erscheinungen, die einen mitten in der Nacht aus dem Bett zerren, um einem dann jede auf ihre Art ins Gewissen zu reden, können die meisten bestimmt dankend verzichten. Ich bezweifle auch stark, dass das bei mir funktionieren würde. Ich würde hinterher wahrscheinlich mit wippendem Oberkörper in irgendeiner Zimmerecke hocken und zu jeder vollen Stunde panisch unter den nächsten Tisch kriechen. Man könnte sich natürlich auch ganz bewusst gegen das ganze Weihnachts-Gedöns entscheiden und die Feiertage einfach über sich ergehen lassen. Thema beendet. Ist aber auch irgendwie schade. Einfach noch mal Kind sein und alles wieder ganz aufregend finden, das wäre toll. Mein Selbstversuch, mich von morgens bis abends mit Weihnachtssongs beschallen zu lassen, hat lediglich dazu geführt, dass ich mir am Ende des Tages lautstark das Best of Album von Albano und Romina Power angehört habe, um der Überdosis an Weihnachtsglöckchen und besinnlichem Chorgesang mit italienischen Sommerrhythmen entgegenzuwirken. Auch der Besuch mehrerer Weihnachtsmärkte an einem Wochenende hat mir lediglich kalte Füße und eine Erkältung eingebracht. Darauf, die Wohnung dann noch überschwänglich zu dekorieren, habe ich direkt verzichtet, weil das vermutlich das Fass zum Überlaufen gebracht hätte, mir dann mit Sicherheit ein grünes Fell gewachsen wäre und ich Weihnachten zu meinem persönlichen Feind erklärt hätte. Ja, auch das habe ich in meinem Leben bereits mehrfach gelernt, man kann Gefühle eben nicht erzwingen.
Es ist wie es ist
Also finde ich mich damit ab, dass sich Weihnachten in den verschiedenen Phasen des Lebens auch verschieden anfühlt. Mal total aufregend, mal total nervend, mal einfach nur alltäglich. Die großen Weihnachtsgefühle sind entweder da oder eben nicht. Man kann ja mit Weihnachten auch einfach nur befreundet sein oder ein lockeres Kumpel-Verhältnis haben. Ich freue mich zum Beispiel wieder sehr auf die Sissi-Filme, die dann gesendet werden, und die russischen Märchen am Sonntagvormittag. Glühwein trinken macht nun mal auch nur auf dem Weihnachtsmarkt wirklich Spaß und auch wenn ich zu jeder Jahreszeit Klöße und Rotkohl essen kann, an Weihnachten schmecken sie einfach am besten. Also hoffe ich einfach, dass sich vielleicht doch noch die ein oder andere Schneeflocke an Heilig Abend blicken lässt und wünsche allen unseren Bloglesern ein Weihnachtsfest ganz in ihrem eigenen Sinn.
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