Kunst trifft wieder Osterhase
Ein weiterer Ausflug in eine erdachte Kunstgeschichte und eine Hommage an den Osterhasen.
Unter Kunstexperten gilt das Zitat des französischen Malers Henri Matisse „Es gibt überall Osterhasen für den, der sie sehen will“ als klares Indiz für die Bedeutung des Osterhasen in der Kunstgeschichte. Der Osterhase hat als Motiv einen integrativen Charakter für die unterschiedlichsten Kunstrichtungen, vom Fauvismus, dem Expressionismus und Surrealismus, dem Konstruktivismus und dem Neuen Realismus, bis hin zur Pop Art und Street Art. Werke von Rene Magritte, Franz Marc, Henri Matisse, Gerhard Richter, Paolo Scheggi, Yves Klein, Jackson Pollock, Sabine Wild, Shepard Fairey und Dolk Lundgren sprechen eine entsprechend eindeutige Sprache.
Henri Matisse als Wegbereiter und Hauptvertreter des Fauvismus, der die Loslösung vom Impressionismus propagierte und die erste künstlerische Bewegung des 20. Jahrhunderts darstellte, arbeitete an der großen Leinwand für „Osterhasen“ ohne vorbereitende Skizzen und überdachte seine Komposition mehrmals. Die Farbgebung dient nicht mehr der illusionistischen Darstellung eines Gegenstandes, sondern die malerische Aussage entsteht aus dem Zusammenklang der Farbflächen. Typisch ist das leuchtende Orange der Hasen.
Auch Franz Marc verwendete Stilelemente des Fauvismus, trennte sich in seinem Werk jedoch nicht vollständig vom Gegenstand. Er war Mitbegründer der Redaktionsgemeinschaft Der Blaue Reiter, die aus der Neuen Künstlervereinigung München hervorging. In dieser Zeit entstanden seine bekannten Gemälde, die hauptsächlich Tiermotive zum Inhalt haben wie Der Tiger, Blaues Pferd I, Die gelbe Kuh und Der blaue Hase.
Jackson Pollock als Meister des abstrakten Expressionismus schuf mit seinem Drip-Painting Verfahren ein außerordentlich innovatives Werk. Beeinflusst von der europäischen Moderne, dem Kubismus sowie die Surrealismus nutzte er das Unbewusste als Quelle seiner Kunst. Seine Bilder leben vom Kontrast und dem Gegensatz von Struktur und Rhythmus. Auch bei einem seiner bekanntesten Werke „Eyes on the Bunny“ ist dieser Widerspruch klar ersichtlich.
Yves Klein gilt als wichtiger Vertreter des Neuen Realismus und als Vorläufer der Pop Art. Bekannt sind vor allem seine monochromen Bilder, insbesondere diejenigen, die er in einem von ihm entwickelten und unter dem Namen International Klein Blue patentierten Ultramarinblau anfertigte. Die Leuchtkraft seiner Farbe basiert auf einem Polyvinylacetat, das Klein auch bei seinem sehr beachteten Werk „collection de lièvre sans titre“ nutzte. Es gilt als Ausgang für seine ab 1957 entwickelten Anthropometrien mit Aktmodellen, die nackt und mit blauer Farbe getränkt die Leinwand mit ihrem Körper bemalten.
Im Gegensatz zu anderen surrealistischen Künstlern, die traumhafte Bilder mit abstrakten Formen mischen, enthalten die Werke von René Magritte normale Elemente, die er in surrealen Kontextsituationen anlegt. Das häufig von ihm genutzte Apfel-Motiv stellt für manchen Kunstkritiker nichts anderes als ein rundes Ei dar. Aus einem Henne-Ei-Problem wird eine Ei-Apfel-Lösung, so dass es von seinem 1964 in Belgien erstellten „Le fils de l’homme“ auch eine Variente „Le fils de l’homme avec lièvre“ gibt.
Paolo Scheggi war ein italienischer Maler des Konstruktivismus. Er schnitt in geometrischer Anordnung runde Löcher in die mit Leinen überzogenen Wände, die er schließlich hintereinander montierte. Die Tiefe seiner Motive entsteht im Einklang mit der monochromen Farbwahl, häufig ausgeführt in weiß, gelb, rot und blau. Bei „Intersuperficie curva da coniglietto di Pasqua“ setzt Scheggi sowohl bei der Wahl der geometrischen Form (oval anstelle von kreisrund) als auch bei der Farblichkeit (weinrot und keine seiner sonst üblichen Farben) ein Highlight. Kunstexperten vermuten eine innere Verbundenheit mit dem Osterhasen, die weit in seine Kindheit zurück reicht.
Gerhard Richter begann seine malerische Reise, in der er praktisch alle Ausdrucksformen und Stile der modernen Malerei erprobte. Einflüsse aus der Pop Art, aus dem Abstrakten Expressionismus, aber auch aus Neo-Dada und Fluxus machen ihn zu einem der größten deutschen Künstler. Seine vielfältigen Ausdrucksweisen führen auch zu einer Diskontinuität seines Werkes. Abmalungen, unscharfe Gemälde oder Wolkenbilder erscheinen vollkommen losgelöst voneinander. Sein expressiv-farbiges „Hasen zu Ostern“ besteht aus mehreren Farbaufträgen mit zum Teil eingreifenden Abkratzungen bis auf den Malgrund, impulsiver Gestik sowie Übermalungen. Nach Aussagen von Gerhard Richter ist auch dieses Bild in erheblichem Maße vom Zufall abhängig und widerspricht in seiner Endfassung seinen anfänglichen Absichten.
Sabine Wild schafft besondere Kunstwerke aus Strukturen, Linien, Wellen, Licht und Unschärfen. Ihre typischen Längs- und Horizontalverschiebungen ergeben ein aufregendes Spannungsfeld zwischen gegenständlicher Malerei und abbildender Fotografie. So ist auch „Single Easter Bunny“ ein faszinierendes Bild, das die Wirklichkeit erahnen und gleichzeitig flüchtig erscheinen lässt.
Shepard Fairey ist ein zeitgenössischer Grafiker, Illustrator und Street Art Künstler. Große Bekanntheit erreichte Fairey mit seinem ikonischen Plakat „HOPE“ für Barack Obamas Präsidentschaftswahlkampf 2008. Das in den Nationalfarben rot, blau und weiß gehaltene, stilistisch an die Pop-Art erinnernde Poster entwickelt eine eigene Note, die in vielen weiteren Werken Faireys deutlich wird. Auch „Bunny“ zeigt die expressive Kraft seiner stilistischen Ausdrucksweise.
Dolk (norwegisch für Dolch) ist das Pseudonym für Norwegens bekanntesten Graffiti-Künstler Dolk Lundgren. Seine Motive sind oft popkulturellen Referenzen, verpackt in einen humoristischen oder kritischen Kontext. Inspiriert vom britischen Street Artist Banksy produziert er seine Schablonenkunst längst nicht mehr nur an Häuserwänden, sondern auch für verschiedene Museen. Es ist nur eine Frage der Zeit bis auch „Easter Bunny Girl“ in Bergen, Stavanger oder New York ausgestellt wird.
Nach „Kunst trifft Osterhasen“ schrammen auch in diesem Beitrag die beschriebenen Inhalte und erdachten Bilder bestenfalls an einer imaginären Kunstgeschichte entlang. Selbst wenn sich die Bedeutung des Osterhasen für die Kunst nur sehr schwer leugnen lässt, sollten sich Interessierte über Kunst und ihre herausragenden Vertreter an anderer Stelle informieren. In der Realität wünschen wir Ihnen, Ihren Freunden und Familien auf jeden Fall wieder schöne und erholsame Ostertage.
Viele Grüße und viel Sonnenschein
Michael Schenkel
Hinweise und Links
Interessieren Sie sich für Kunst von Yves Klein? Dann besuchen Sie doch https://www.artsy.net/artist/yves-klein.
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