6 Mythen über Probleme bei der Zusammenarbeit in Projekten
“Mein Name ist Alex Rammlmair. Ich löse Konflikte.”
So könnte auch ein Krimi beginnen.
Der Tatort: Ein Unternehmen.
Die Situation: Konflikte zwischen Teams. Oder Zwischen Mitarbeitern und Führungskräften. Zwischen Abteilungen. Oder zwischen deren Leitern. Zwischen den Know-How-Trägern und den vom Know-How-Abhängigen. Zwischen Projektmanagern und Stakeholdern. Zwischen Unternehmen und Kunden.
Die Opfer: Motivation, Produktivität, Vertrauen, Kundenbeziehungen, Unternehmenserfolg.
Es ist aber kein Krimi. Es ist mein Beruf. Und bei vielen Anderen ist es Alltag. Vielleicht auch bei Ihnen? Könnten Sie Beispiele aus Ihrer eigenen Erfahrung beisteuern? Dann sind Sie in guter Gesellschaft. Genau hier wird es problematisch. Weil diese Probleme allgegenwärtig sind, werden sie zur Normalität. Zu einem Naturgesetz der Arbeitswelt. Unvermeidbar. Und oft unlösbar. Aber: Ist dem wirklich so?
Das falsche Problem
Wo Menschen gemeinsam etwas schaffen wollen, kommt es regelmäßig zu Konflikten. Das ist vielleicht lästig, aber grundsätzlich unproblematisch, solange die Konflikte immer wieder gelöst werden. Beim Kochen wird auch die Küche schmutzig. Unproblematisch, solange Sie anschließend immer wieder aufräumen und saubermachen. Ja, wenn denn nur die Konflikte am Arbeitsplatz so einfach zu lösen wären wie eine verkrustete Pfanne wieder zum Glänzen zu bringen. Zugegeben, so einfach ist es nicht. Aber auch nicht sooo schwer. Sonst könnte ich meinen Job auch nicht machen. Das Hauptproblem beim Konfliktlösen: In 9 von 10 Fällen versuchen die Beteiligten höchst effizient das falsche Problem zu lösen. Um den Vergleich von vorher erneut zu strapazieren: Man wundert sich, warum die Küche nicht sauber wird, obwohl man bereits zum dritten Mal das Auto gewaschen hat.
Wann wird ein Konflikt zum Problem?
Tatort Unternehmen oder der richtige Umgang mit Konflikten am Arbeitsplatz
Im Gegensatz zur landläufigen Meinung sind die meisten Menschen sogar ziemlich gut im Lösen von zwischenmenschlichen Konflikten. Sie sind damit meist viele Male am Tag erfolgreich. Das bleibt häufig unbemerkt, weil die Personen intuitiv richtig handeln und damit Konflikte im Keim ersticken, sofort pragmatisch lösen oder eine Eskalation vermeiden. Der Konflikt erscheint damit gar nicht als Konflikt. Konflikte fallen erst dann auf, wenn unpassend gehandelt wird. Wenn unsere Intuition oder unsere bewährten Strategien versagen. Dann weigert sich der Konflikt zu verschwinden oder beschließt vom lästigen Zwischenfall zum ausgewachsenen Problem zu werden. Und was passiert dann? Die meisten Menschen machen dann dasselbe, was sie davor schon gemacht haben: Sie verlassen sich wieder auf ihre Intuition und ihre bewährten Strategien. Was aber vorher schon nicht so toll geklappt hat. Nach dem dritten Versuch gibt man auf oder übergibt an jemand Anderen. Der dann dasselbe nochmal macht. Ergebnis: Das Auto glänzt, die Küche bleibt dreckig.
Vielleicht denken Sie jetzt: “Da ist was dran, das habe ich bei Anderen schon viele Male beobachtet. Bei den Konflikten, mit denen ich selbst mich herumschlage, ist das jedoch anders. Da ist vollkommen klar, wo die Ursache des Konflikts liegt.”
Ist das so? Dann herzlichen Glückwunsch. Dann sind Sie weiter als die Meisten. Ich lade Sie trotzdem noch ein, einen kurzen Test zu machen. Überprüfen Sie Ihre Analyse auf ein paar Mythen, auf die ich in meinen 15 Jahren Berufspraxis immer wieder stoße. Vielleicht schaffe ich es ja doch noch, Sie zu verunsichern:
- Das Problem liegt in den Persönlichkeiten der Beteiligten
Unwahrscheinlich. Wenn dies der Fall wäre, dann hätte auch ein professioneller Konflikt-Moderator keine Chance. Stattdessen zeigt sich: Fast alle Personen, die von anderen als asozial und als unfähig zur Kooperation beschrieben werden, zeigen sich im persönlichen Gespräch als reflektiert, machen sich meist viele Gedanken um die Zusammenarbeit und haben aus eigener Sicht schon mehrmals versucht, die Beziehung zu verbessern. Die Ursache für Konflikte auf ein einziges Paar Schultern oder auf unveränderliche Merkmale eines Menschen zu verteilen ist bequem. Und fast immer falsch. - Manche Menschen passen einfach nicht zueinander
Ein Argument wie ein Totschläger. Oder wie ein Naturgesetz: Die passen nicht zueinander, da kann man nichts machen. Und daher muss auch niemand mehr etwas machen. Tatsache ist: Sie müssen nicht mit ihren Kollegen beste Freunde sein oder gemeinsam in den Urlaub fahren. Sie müssen Ihre Vorstellungen von Kindererziehung, Steuergerechtigkeit, Lebensstil, Religion oder Ernährungsweise nicht teilen. Sie müssen noch nicht einmal als Ingenieur mit Ihren Kollegen in Technologie-Präferenzen konform gehen. Wenn Sie mit anderen Menschen automatisch “auf einer Welle sind”, dann ist das natürlich praktisch, angenehm und bequem. Das Gegenteil hingegen ist anstrengend. Aber kein Grund, dass Sie nicht gut zusammen arbeiten können. Auch Ihre besten Freunde sehen vieles anders als Sie. - Ich bin im Recht, die Kollegen sehen das genauso
Das sagen praktisch immer alle beteiligten Konfliktparteien. Was irgendwie paradox ist, oder? Soziale Zustimmung hilft Menschen, mit der Situation umzugehen. Zur Lösung der Situation trägt sie nichts bei. Im Gegenteil, sie gibt allen Beteiligten die Illusion, dass sie richtig handeln und es keinen Grund gibt, die eigene Position zu verändern oder zu überdenken. Wenn Sie das nächste Mal in einer schwierigen Situation sind: Holen Sie sich Zustimmung von Freunden und Kollegen. Das entspannt. Danach vergessen Sie die guten Ratschläge und suchen nach dem wahren Problem! - Es liegt an der schlechten Kommunikation
Ach? Tatsächlich? Vergessen Sie den Begriff der Kommunikation. Der ist so vage, so allumfassend, so ausdrucksschwach, dass er natürlich immer irgendwie auf eine Problembeschreibung passt, aber darüber hinaus nichts aussagt. Sie erzeugen damit nur die Illusion, dass Sie das Problem verstanden haben. Viel wahrscheinlicher ist, dass Sie sich gerade über Symptome oder Begleiterscheinungen Gedanken machen. - Es liegt an der Kultur
Wieder so ein ominöser Begriff, in den man viel stecken und hinter dem man noch mehr verstecken kann. Machen Sie sich klar, dass dieser Begriff Sie handlungsunfähig macht. Kultur, das klingt nach einem unsichtbaren Nebel, der das Unternehmen durchzieht und die Personen magisch beeinflusst Dinge zu tun, die Andere seltsam finden. Manchmal sogar ein ganzes Land, präzise bis zur Staatsgrenze! Diese Vorstellung ist praktisch, weil sie Verantwortung abnimmt – denn was soll man dagegen denn schon machen? Mag sein, dass irgendwo in diesem Begriff ‚Kultur’ tatsächlich die wahre Ursache für Ihre Situation liegt. Aber ganz sicher nicht so bequem an der Oberfläche. Graben Sie tiefer! - Die Anderen wollen nicht zuhören
Die wirklich guten Zuhörer sind in der Tat eine seltene Spezies. Aber ums Zuhören geht es meist gar nicht. Menschen wollen verstanden werden. Zuhören heißt aber nicht automatisch verstehen. Deswegen fällt rasch der Satz: “Du hast mich nicht (noch besser: falsch) verstanden.” Woher wollen Sie das wissen? Vielleicht hat die andere Person Sie hervorragend verstanden, aber Sie verstehen die Reaktion der anderen Person nicht? Es gibt keine effektive Möglichkeit herauszufinden, wer wen nicht versteht. Was auch egal ist. Denn in der Regel ist das Problem nicht, dass die Anderen uns nicht verstehen, sondern dass sie mit unserer Sichtweise nicht einverstanden sind. Und deshalb auf unsere Positionen nicht eingehen. Denn verstehen ist nicht einverstanden sein. Sortieren Sie das sauber und Sie sind drei Viertel aller Argumentationsgefechte auf einen Schlag los.
Vielleicht kommt Ihnen ja der eine oder andere Mythos bekannt vor. Ich selbst ertappe mich immer wieder dabei, dass ich in eine dieser Fallen trete. Wichtig ist, dass Sie das rechtzeitig erkennen und noch mal nachdenken. Wie schon Einstein sagte: “Wenn ich eine Stunde Zeit habe, ein schwieriges Problem zu lösen, dann verbringe ich die ersten 40 Minuten damit, es zu verstehen.” Ich hoffe, ich konnte etwas dazu beitragen, dass Sie beim nächsten Mal die größten Felsenklippen souverän umschiffen. Damit vermeiden Sie die Illusion von Klarheit, wo noch keine ist. Und Sie bleiben damit handlungsfähig. Wie Sie anschließend in Detektivmanier das wahre Problem überführen, erzähle ich Ihnen beim nächsten Mal hier am 30. Juni 2015. Ich hoffe, Sie sind dann wieder mit dabei.
Herzlichst,
Ihr Alex Rammlmair
Hinweise zu Alex Rammlmair:
Wissen zum Mitnehmen im praktischen eBook Format: Das kleine grüne Buch gegen den täglichen Unfug, 5 wirkungsvolle Tricks für souveräne Kommunikation
Der kleine grüne Workshop Wirksame Sprache, In 10 Lektionen zu mehr Ausdruckskraft in Ihrer Sprache, kostenloser Download (59 Seiten)
Vielleicht hat der Autor Freude, wenn ich sage, dieser Artikel verwirrt mich, weil seine Absicht könnte eventuell sein, zu provozieren und neugierig auf sein Konzept zu machen. Ich bin jedoch verwirrt, weil der Text voller Inkonsistenzen und unfundierten Behauptungen ist. Weiß Hr. Rammlmair wirklich nicht, was Kommunikation und Kultur sind? Oder tut er als ob? Wenn er mit diesem Artikel etwas kommunizieren wollte, dann ist es bei mir nicht angekommen.
Schönen Guten Tag, Herr Yous (Ich hoffe, ich habe das Geschlecht richtig recherchiert. Andernfalls tut es mir leid, wenn ich Sie falsch anspreche. Ihr Vorname ist mir nicht geläufig.)
Verwirrung ist oft ein notwendiger Zwischenschritt in meiner Arbeit, aber nicht das Ziel. Also Nein, darüber freue ich mich nicht in erster Linie. Vielmehr darüber, dass Sie den Beitrag gelesen haben und den Handschuh, den ich hingeworfen habe, aufnehmen und wieder zurück werfen.
Ich bin natürlich neugierig, welche Inkonsistenzen Sie meinen und was Ihre Beschreibungen von Kommunikation und Kultur sind. Vielleicht wollen Sie diese ja noch beisteuern?
Ich versuche inzwischen meine Vorstellung von Kommunikation an einem Beispiel darzulegen. Dazu bietet sich an, dass wir gleich diesen Dialog hier zwischen Ihnen und mir aufgreifen:
Offenbar sind Sie und ich nicht ganz einer Meinung. Man könnte auch sagen, da bahnt sich ein Konflikt an. Ich könnte aus Ihrer Formuierung und Wortwahl interpretieren, dass ich Sie mit meinem Beitrag sogar verärgert habe. Aber vielleicht auch nicht.
Haben wir beide jetzt ein Kommunikationsproblem? In meiner Welt hätten wir dann ein Kommunikationsproblem, wenn es sich um ein Mißverständnis handelt. Sie haben kundgetan, dass Sie mir noch nicht zustimmen und ich schreibe jetzt an dieser Stelle ein paar klärende Worte. Sie antworten dann etwas in der Art wie: “Aha, so meinten Sie das. Jetzt ist mir das klar.” Ob Sie mir dann zustimmen oder nicht, ist dabei irrelevant.
Sind Sie noch bei mir?
Natürlich ist es möglich, dass genau das der Fall ist. Das wäre bequem. Denn dann hätten wir das Thema mit einem Kommentar von mir und von Ihnen aus der Welt geschafft.
Meine Praxis ist allerdings eine andere. Niemand engagiert mich, um ein Missverständnis aufzuklären, das zwei Personen mit einem kurzen Gespräch auch selbst hätten erledigen können. Natürlich gibt es viele Missverständnisse, aber wie diese zu beseitigen sind, wissen wir alle. Und wenn diese Missverständnisse trotzdem nicht beseitigt werden? Dann liegt das an einem anderen Problem. Was es auch ist, es ist wahrscheinlich nicht Kommunikation. Aber ich greife voraus.
Machen wir es uns also hier nicht so bequem und nehmen einfach einmal an, dass es sich eben nicht um ein Missverständnis handelt. Sie verstehen vielleicht sogar recht gut, was ich inhaltlich sage. Nur: Sie können oder wollen mir nicht zustimmen. Weil es nicht Ihren Erfahrungen entspricht. Oder weil es Ihnen nicht weiterhilft und für Sie leeres Gerede ist. Weil es Ihnen den Eindruck vermittelt, dass ich ein Schwätzer bin, der keine Ahnung hat, wovon er da wirklich redet. Oder auf geheimnisvoll tut, um interessant zu sein. Oder weil ich bei Ihnen arrogant oder lehrmeisterlich ankomme und Sie darauf keine Lust haben. Oder aus einem von vielen möglichen anderen Gründen.
Haben wir dann ein Kommunikationsproblem? Viele würden sagen: Ja. Meine Antwort ist: Nein. In meiner Welt hat das mit Kommunikation nichts mehr zu tun.
In dem Fall hätten wir ein Vertrauensproblem, vielleicht auch ein Problem in unserer Beziehung, unterschiedliche Werte oder Präferenzen, inkompatible Ziele und Motive … was auch immer. Aber eben nicht Kommunikation.
Was nicht heißt, dass sich die meisten dieser Herausforderungen nicht über gute Kommunikation lösen lassen würden. Natürlich geht das, das ist schließlich mein Job. Aber dann reden wir vom Lösungswerkzeug, nicht von der Ursache. Das alles mag für manche akademische Haarspalterei sein, für mich ist diese Trennung essentiell, um erfolgreich Konflikte zu lösen.
Oh je, mein Kommentar ist schon viel zu lange geraten. Ich hoffe, ich habe Sie nicht unterwegs verloren. Vielleicht wollen Sie ja am Ball bleiben, ich bin neugierig auf Ihre Antwort.
Moin Alex Rammlmaier,
das Problem mit dem korrekten Geschlecht, wo nur ein Name vorhanden ist – umgehe ich genau so wie jetzt. Denn es ist irrelevant, solange ich nur die andere Person anspreche und nicht über diesen Menschen.
Ihr Kommunikationsbeispiel macht die Sache wesentlich klarer. Ich bin damit soweit einverstanden. Es zeigt mir jedoch, dass es an Definitionen und Beispielen fehlt, sobald Sie mit (diesen) allgemeinen Begriffen hantieren – denen die meiste eine grobe Definition beifügen, während Sie eine fein ausdifferenzierte meinen. D.h., – soweit ich Ihre Kommunikation richtig verstehe – liegt hier ein Kommunikationsproblem vor, weil es Missverständnisse über die Definition gibt.
D.h. auch, soweit ich annehmen kann, dass meine Definition Ihrer hinreichend ähnlich ist, dass Sie ein großes Thema einer jeden Anforderungsanalytikerin ansprechen:
Implizite Randbedingungen. Zwei Minenfelder auf einmal.
Kultur meint demnach eigentlich, dass die Art und Weise der Kommunikation in “ungeschriebenen Gesetzen” fixiert ist, die jeder unterschiedlich gut kennt oder anwendet. Und meist durch die “ich geh von meinem Lebensentwurf aus”-Denkweise beeinflusst ist. Was jedoch nichts darüber aussagt, welche Bedeutung in Gestik, Mimik und Wort ich meinem Gegenüber begreiflich machen möchte – um Missverständnisse zu vermeiden. Das umschreibe ich gern mit dem Begriff Paradigma.
Das BGB kennt dies für den Fall, dass zwei mit dem Wort aosidu sich einig sind, vom gleichen zu sprechen – und deswegen keiner im Nachgang den Vertrag ungültig machen kann, weil aosidu eigentlich etwas ganz anderes ist.
Womit “gestörte Kommunikation” und “andere Kultur” eigentlich nur aussagt, dass die beiden sich reflektieren und in ihren so grundverschiedenen Gegenüber hineinversetzen müssten. Wofür die Motivation sinkt, desto mehr Missverständnisse es in der bisherigen Kommunikation dieser beiden gab und dabei sie sich sogar verletzt fühlten…
Viele Grüße,
Semine Seeyou
Hallo Semine Seeyou
Ich merke, Sie haben sich ausführlich Gedanken gemacht über die Stolpersteine der Kommunikation. Implizite Annahmen, unterschiedliche Begriffsdefinitionen, kulturelle ‘default’-Vereinbarungen – damit lassen sich zahlreiche Fachartikel füllen.
Aber damit haben wir natürlich auch gleich die nächste Hürde: An welchem Punkt starten wir die Diskussion, wie viel Wissen setzen wir voraus, auf wie viel gemeinsames Verständnis können wir uns verlassen?
Das ist bereits schwierig in einem Gespräch unter vier Augen – praktisch unmöglich in einem Beitrag an eine Vielzahl unbekannter Adressaten.
Aber vielleicht schaffen wir es ja einmal bei einem persönlichen Gespräch.
Bis dahin: Alles Gute!