Die neue Denke der IT Führungskraft
Immer mal wieder müssen in IT Unternehmen wichtige Entscheidungen getroffen werden. Und häufig wissen viele Beteiligten später nicht, warum diese oder jene Entscheidung getroffen wurde. Auch wäre es prima, wenn im Vorfeld vor der Entscheidung Kriterien bestehen, damit im Nachhinein alle Beteiligten genau sagen können, warum dieser oder jener Weg gegangen wurde. Mit „Die neue Denke“ wird der Versuch unternommen ein einfaches Modell zu erstellen, das Entscheidungen transparent macht. Fangen wir an.
Mit der Planung beginnen
Sie kennen vielleicht das Deming Modell aus dem Bereich Kaizen sowie dem KVP Kontinuierlicher Verbesserunsprozess. Bestehend aus den Phasen Plan, Do, Check und Act wird eine Kreislauf definiert, der das Ziel hat eine Tätigkeit schrittweise zu standardisieren. Auch die Entscheidungsfindung kann in diese Phasen eingeteilt werden. Fangen wir mit der Planung d.h. mit der Deming Phase „Plan“ an. Wir schauen uns gemeinsam Ihr Unternehmen an. Behilflich sind uns die 8 Grundkonzepte excellenter Organisationen der EFQM European Foundation for Quality Management¹:
- Ausgewogene Ergebnisse erzielen
- Nutzen für Kunden schaffen
- Mit Vision, Inspiration und Integrität führen
- Mit Prozessen managen
- Durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfolgreich sein
- Innovation und Kreativität fördern
- Partnerschaften gestalten
- Verantwortung für eine nachhaltige Zukunft übernehmen
Das EFQM Modell im Überblick
Wichtigkeit und Dringlichkeit
Die 8 Grundkonzepte sind uns sehr behilflich bei der Bewertung der Wichtigkeit, welche Dinge im Unternehmen getan werden sollten. Und da wir ja auch immer mit dem Zeitdiktat zu tun haben, betrachten wir in diesem Zusammenhang auch gleich die Dringlichkeit
Wichtigkeit W mit W ist Element aus N
Dringlichkeit D mit D ist Element aus N
wobei N = Menge aller positiven natürlichen Zahlen zwischen 1 und 10.
Wenn wir nun die Wichtigkeit W auf die Y-Achse und die Dringlichkeit D auf die X-Achse eines Koordinatensystem schreiben, dann erhalten wir eine Meer von Punkten. Und wir erinnern uns an die gute alte Eisenhower-Methodik² für effektives Arbeiten mit seiner klassischen Einteilung in die 4 Quadranten. Jetzt haben wir schon mal eine erste Einschätzung.
- Oh mein Gott, das muss erledigt werden. Sofort.
- Kalender öffnen, und mal sehen, wo wir das so unterbringen können.
- Ich mache das nicht. Wer kann das gut? Genau dem delegiere ich das jetzt.
- Gut, dass ich den Papierkorb neben dem Schreibtisch zu stehen habe. Und ja. Das kommt jetzt da rein.
Das Eisenhower-Prinzip
Ob Sie das nun so wirklich machen sollten, bei solch wichtigen Themen betreffend der Empfehlungen zu excellenten Organisationen… da bin ich mir nicht so sicher. Denn es gibt noch weitere Faktoren, die betrachtet werden müssen. Lesen Sie weiter.
Effektivität verstehen
Der Begriff Effektivität beginnt mit dem Begriff Effekt. Und das ist es ja, was wir erreichen wollen, wenn wir etwas Tun. Und wenn wir dieses Tun in die 4 Quadranten von Eisenhower unterbringen können, dann ist es mathematisch gesehen eine Funktion F (W, D) von Wichtigkeit und Dringlichkeit. Als Ergebnis einer Funktion erhalten wir eine Zahl, deren Aussage uns behilflich ist, unsere Aufgaben im Vorfeld zu qualifizieren.
In den Unternehmen verschiedener Branchen – auch in den verschiedenen Sparten der IT – kann es sehr unterschiedlich sein, ob der dringliche Aspekt oder der wichtige Aspekt der Effektivität die Oberhand haben sollte. Viele Parameter in der Unternehmensplanung spielen dort hinein. Auch können unterschiedliche Produktlinien die Priorisierung der beiden Aspekte unterscheiden. Vom Prinzip her können wir zur Effektivität schreiben:
Effektivität = F (W,D) = W * a + D * b
mit a und b ist Element aus N
wobei N = Menge aller positiven natürlichen Zahlen zwischen 1 und 10.
Anmerkung: In der linearen Algebra ergibt die Funktion eine Gerade im klassischen X/Y Koordinatensystem. Wichtigkeit in Kombination mit dem Faktor a entspricht dann der Steigung. Die Dringlichkeit in Kombination mit dem Faktor b entspricht der Verschiebung der Geraden in den weiteren positiven Raum der Menge N. Bei der Eisenhower Methode sprechen wir von keiner Geraden, da es sich nur um Punkte handelt. Der „Wir haben hier eine Gerade“ Gedanke zeigt die prinzipielle Strategie der Priorisierung des Unternehmens. Klugsch… Modus OFF*
Effizienz betrachten
Effekte sind zwar sehr schön, doch ein Plan zur Erstellung der Effekte muss her. Und diese Pläne gibt es in den (meisten) Unternehmen. Checklisten. Arbeitsabläufe. Alles Dinge die zu einem effizienten Arbeiten dazu gehören. Mit großer Wahrscheinlichkeit genau definiert im Qualitätsmanagement System des Unternehmens.
Effizienz ist somit die allgemeine Einschätzung der Schnelligkeit der Umsetzung im Unternehmen. Folgende Frage wird mit diesem Begriff beantwortet: Wie schnell kann ich das geplante Tun in der gewünschten Qualität bereitstellen?
Und da die Schnelligkeit in der heutigen Business Welt – nicht nur bei IT Unternehmen – einen hohen Stellenwert in Bezug auf die Mitbewerber hat, muss auch dieser Aspekt in unsere Formel für die Unterstützung von Entscheidungen Einzug halten. So könnten wir es machen:
Effizienz E * F (W,D)
mit E ist Element von N
wobei N = Menge aller positiven natürlichen Zahlen zwischen 1 und 10.
Beispiel
In einem mittleren Softwareunternehmen (45 Mitarbeiter) geht es drunter und drüber. Kunden beschweren sich, dass in der neuen Version der Business Software eine schon vor 10 Monaten versprochene Funktionalität nun doch nicht enthalten ist.
Grund: 3 Monate vor der Auslieferung der neuen Version wurde vom Management entschieden, dass „Partnerschaften gestalten“ eine höhere Wichtigkeit und Dringlichkeit bekommt als „Nutzen für Kunden schaffen“, obwohl im Unternehmen auf diesem Gebiet wenig Erfahrung (=Effizienz) besteht.
Einschätzung 3 Monate vor der Auslieferung der neuen Version
Nutzen für Kunden schaffen: Wichtigkeit = 5 und Dringlichkeit = 4 sowie Effizienz = 7
Partnerschaften gestalten: Wichtigkeit = 7 und Dringlichkeit = 8 sowie Effizienz = 3
Bei einem einfachen Modell mit Multiplikation auf der Seite der Effektivität sowie der Effizienz wurde der Schwerpunkt der Firma auf „Partnerschaften gestalten“ gelegt: 7*8*3 = 168 ist größer als 5*4*7= 140. Bei Gesprächen mit „potenten“ möglichen Geschäftspartnern wurden neue Branchen für die Software gesichtet und so wurde die Entwicklungsabteilung mit weiteren Anforderungen belastet.
Empfindung der Entwicklungsabteilung 4 Monate vor der Auslieferung der Version
Nutzen für Kunden schaffen: Wichtigkeit = 6 und Dringlichkeit = 5 sowie Effizienz = 7
Diese Empfindung der Entwicklungsabteilung von 6*5*7=210 – ist wesentlich größer als 168 „Partnerschaften gestalten“ – wurde im Unternehmen in einer Management Sitzung als akzeptables Risiko akzeptiert und die Nicht Realisierung von „Standard Anforderungen“ in der neuen Version in Kauf genommen.
Und so kam es nach der Auslieferung der neuen Version zu den weiter oben in diesem Beispiel nicht weiter ausgeführten „Drunter und Drüber“ Situationen.
Eine neue Denke – erst ungewohnt, dann ganz einfach
Fazit
In diesem Artikel wurde gezeigt, dass es möglich ist, die Begriffe Wichtigkeit, Dringlichkeit, Effektivität sowie Effizienz in eine einfache Formel zu bringen. Diese Formel kann genutzt werden, um Aufgaben – und besonders die Entscheidung, diese auch wirklich durchzuführen – im Sinne der Ausrichtung des Unternehmens zu priorisieren. Die dazu notwendigen Parameter können im Vorfeld definiert und im Rahmen einer kontinuierlichen Verbesserung schrittweise fortgeführt werden.
Nach der Planung – der Deming Phase „Plan“ – folgt das Tun und das Überprüfen der Ergebnisse. Die einzelnen Wertungen aus der genannten Formel können dann genauer betrachtet werden. Und vor allem die Parameter in den Formeln dann angepasst ggf. auch Teile der Formeln variiert werden. Alleine schon die Beschäftigung mit den obigen Begrifflichkeiten wird das Unternehmen einen großen Schritt voranbringen.
Die 8 Grundkonzepte des European Foundation Quality Management Modells stellen eine große Herausforderung für Unternehmen dar. Diese wurden hier exemplarisch als Entscheidungsgrundlage genutzt. Mir ist bewusst, dass diese hohe Ebene im operativen Tun als Führungskraft in der IT – oder auch in anderen Branchen – nicht immer betrachtet werden kann. Tipp: Nutzen Sie es als Gedankenmodell und verwenden Sie eine granular zu Ihnen passende Entscheidungsliste.
Download
Sie möchten den hier genannten Mechanismus „Die neue Denke“ ausprobieren und sofort beginnen. Dann schauen Sie doch gerne bei den „42 Denker“ vorbei. Dort gibt es den vereinfachten Artikel „Die neue Denke der Führungskraft„. Und dort finden Sie zum Download eine einfache Microsoft Excel 2003 Datei. Sehr vereinfacht mit den Parametern a = 1 und b = 1 sowie der Multiplikation von Wichtigkeit und Dringlichkeit als Effektivität können erste Versuche des einfachen Modells gestartet werden.
Hinweise
[1] Das EFQM-Modell für Business Excellence ist ein Unternehmensmodell, das auf Grundlage von Selbstbewertungen Stärken und Verbesserungspotentiale ermittelt, um somit den Geschäftserfolg zu steigern. Weitere Informationen zum EFQM-Modell finden Sie unter https://de.wikipedia.org/wiki/EFQM-Modell
[2] Die Eisenhower-Methode ist eine oft referenzierte Möglichkeit, anstehende Aufgaben in Kategorien einzuteilen. Dadurch sollen die wichtigsten Aufgaben zuerst erledigt und unwichtige Dinge aussortiert werden. Es gibt allerdings keine Hinweise dafür, dass US-Präsident Dwight D. Eisenhower sie tatsächlich selbst praktiziert oder gelehrt hat. Weitere Information zur Eisenhower-Methode finden Sie unter https://de.wikipedia.org/wiki/Eisenhower-Prinzip
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