Faktor MENSCH im Projekt
Die Bedeutung von Teamarbeit in Form von Projekten nimmt heutzutage stetig zu. Viele Unternehmen haben erkannt, welche Vorteile sich durch Projektarbeiten ergeben und setzen diese immer häufiger ein. Allerdings können viele verschiedene Probleme auftreten, die den Projekterfolg gefährden. Dabei ist die allgemeine Annahme stark verbreitet, dass ein gut organisiertes Projektmanagement den Erfolg eines Projektes garantiert oder zumindest die Chancen dafür positiv beeinflusst. In verschiedenen Studien wurde jedoch festgestellt, dass bis zu 70 % aller angestoßenen Projekte in Unternehmen scheitern.¹
Durch diese Kluft zwischen sehr optimistischen Annahmen und tatsächlicher Realität ergeben sich zwei sehr essentielle Fragen:
- Was macht ein gutes Projektmanagement aus?
- Liegt der Schlüssel zum Erfolg tatsächlich in der Qualität des Projektmanagements?
Laut Wirtschaftslexikon ist Projektmanagement eine Managementaufgabe, die in Projektdefinition, Projektdurchführung und Projektabschluss gegliedert ist. Ziel dessen ist es, das Projekt richtig zu planen und zu steuern, um Risiken zu minimieren, Chancen zu nutzen und Projektziele qualitativ, termingerecht und im Kostenrahmen durchzuführen.
Ein sehr wichtiger Aspekt in Bezug auf den Erfolg eines Projektes wird in solchen Definitionen oft nicht erwähnt. Der Faktor MENSCH im Projekt. Es wird über Chancen und Risiken, Zeitpläne und Kostenpläne sowie Qualität und Ressourcen gesprochen, doch die Menschen, die den wichtigsten Part eines Projektes einnehmen, nämlich die Umsetzung, werden oft vernachlässigt.
Gründe für Erfolg und Misserfolg von Projekten
Es wurden bereits viele Studien zum Thema „Warum scheitern Projekte“ durchgeführt. Der klare Spitzenreiter, der für die hohe Anzahl an fehlgeschlagenen Projekten verantwortlich ist, ist die Kommunikation. Rund 97% von 376 Führungskräften sehen Kommunikationsschwierigkeiten als gravierendsten Grund für den Misserfolg von Projekten. 94% sind der Meinung, dass eine unklare Auftragslage verantwortlich ist und 91% sagen, es läge am Mangel einer Zusammenarbeitskultur. Danach folgen unlösbare oder unausgesprochene Konflikte, fehlendes Vertrauen und Machtkämpfe untereinander.²
Diese Zahlen basieren zwar auf einer etwas älteren Studie aus dem Jahr 2002, allerdings deuten jüngere Studien auf ähnliche Ergebnisse hin. Zum Beispiel sehen in einer Studie aus 2015 mit 485 Teilnehmern 83% den Hauptgrund für den Projekterfolg im Teamwork, 65 % in der Projektsteuerung und beim Treffen von Entscheidungen und 64 % sehen das Erfolgsrezept in der Teammotivation.³
In manchen Unternehmen, die sich bereits mit dem Thema „weiche Faktoren des Projektmanagements“ auseinandergesetzt haben, liegt das Problem des Scheiterns von Projekten nicht an der Einsicht, dass die oben genannten Faktoren für den Projekterfolg von großer Bedeutung sind, sondern an dessen Umsetzung in die Praxis. Die Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung. Ist dieser Schritt einmal getan, kann produktiv an der Umsetzung von Maßnahmen für die Optimierung von weichen Faktoren gearbeitet werden, wie zum Beispiel an einer klaren und transparenten Kommunikation.
Andererseits gibt es immer noch Projektverantwortliche, die diese Faktoren als „Psycho Kram“ bezeichnen und dessen Bedeutung vollkommen unterschätzen. Ihnen fehlt oft eine gewisse Sensibilisierung, die Wichtigkeit einer Projektkultur für eine nachhaltige Verbesserung der Zusammenarbeit im Unternehmen zu erkennen. Wie man an den angegebenen Gründen für Erfolge und Misserfolge sehen kann, sind es meist „weiche“ – also menschliche – Faktoren, die oft zu wenig Anerkennung finden oder unter all der Planung einfach vergessen werden. In diesem Fall muss noch Aufklärungsarbeit geleistet werden, bevor konkrete Maßnahmen geplant werden können.
Der Projektstart
Ein sehr essentieller Faktor für den Erfolg ist die Planung und Einleitung von Projekten und inwieweit die Mitarbeiter hierbei miteinbezogen werden. Welchen Zeitpunkt kann man eigentlich als Start eines Projektes bezeichnen? Ist es der Zeitpunkt, wenn die ersten Maßnahmen umgesetzt werden; in der Planung, wenn die Rahmenbedingungen festgelegt werden; wenn die erste Idee für ein Projekt aufkommt oder sogar schon im Moment der Einsicht, dass etwas verändert werden muss? Schwierige Frage. Aus diesem Grund ist es auch schwierig zu sagen, wann der richtige Zeitpunkt ist, die Mitarbeiter bzw. das Projektteam einzuweihen und über das geplante Projekt zu informieren.
Werden die Mitarbeiter nach der Planung vor vollendete Tatsachen gestellt, kann es dazu kommen, dass sich diese nicht mit dem Projekt identifizieren können oder im schlimmsten Fall resignieren. Im gegengesetzten Fall kann es passieren, dass ein Projekt zu lange definiert und geplant wird und wenn es zur Umsetzung kommt, die ganze Energie verbraucht ist.
“Niemand plant zu versagen, aber die meisten versagen beim Planen.” – Lee Iacocca
Natürlich ist es schwierig hier eine Lösung zu finden, die immer gleich effektiv anzuwenden ist. Jedes Unternehmen kann für sich entscheiden, inwieweit die Mitarbeiter bei der Planung einbezogen werden. Diese Entscheidung ist auch von vielen weiteren Faktoren abhängig zu machen. Zum Beispiel, die Auswirkungen eines Projektes (Ausmaß der Veränderung), Art des Projektes, Anzahl der Teammitglieder, Ausmaß an Arbeitszeit und vieles mehr. Prinzipiell kann man allerdings sagen, je früher und intensiver die Mitarbeiter in die Planung eines Projektes eingebunden werden, desto größer ist das Engagement, das Projekt erfolgreich abzuschließen.
Klarheit in der Sprache führt zu
Klarheit im Denken, führt zu
Klarheit im Handeln!
Faktor MENSCH im Projekt
Die Erfolgsfaktoren eines Projektes
Aus den oben genannten Gründen für das Scheitern von Projekten ergeben sich fünf Erfolgsfaktoren, die bei der Umsetzung von Projekten beachtet werden sollten und ein gutes Projektmanagement ausmachen.
- Kick Off
Wie bereits angesprochen, ist die Herangehensweise an ein Projekt von großer Bedeutung. Die Mitglieder eines Projektteams werden oft aus verschiedenen Bereichen des Unternehmens zusammengewürfelt, arbeiten nicht am gleichen Standort oder vielleicht nicht einmal auf demselben Kontinent. Aus diesem Grund ist gerade die Vorbereitung auf ein Projekt sehr wichtig. Die Mitarbeiter sollten alle notwendigen Informationen von dem Projekt sowie von anderen Projektmitgliedern erhalten. Die Ziele und die Vision des Projektes müssen klar definiert sein und die Erwartungen und Bedürfnisse der einzelnen Mitglieder müssen gut kommuniziert werden. - Gruppendynamik
In jeder Gruppe von Menschen, einem Team, entwickeln sich Dynamiken, wie zum Beispiel Sympathien, die Rollenverteilung und Aufgabenverteilung, Machtgerangel, Freundschaften, Intrigen und vieles mehr. Viele dieser Dynamiken kann man nicht planen oder vorhersagen. Aus diesem Grund ist es wichtig, bereits in der Zusammenstellung von Projektgruppen die Mitglieder so abzustimmen, dass jeder einzelne seine Potentiale und Ressourcen zeigen und ausleben kann. - Empowerment
Es kann vorkommen, dass Mitarbeitern sich ihrer Fähigkeiten und Stärken gar nicht bewusst sind, oder nicht wissen, wie sie ihre Potentiale in der Gruppe am besten zum Einsatz bringen. In diesem Fall kann ein Empowerment eingesetzt werden. Dabei ist es wichtig, den Mitarbeitern einen größeren Handlungsspielraum in der Gruppe zuzusprechen und die vorhandenen Potenziale zu fördern. Dadurch wird das Selbstbewusstsein jedes einzelnen Gruppenmitgliedes gestärkt und das Team kann von den erworbenen Kompetenzen profitieren. - Kommunikation
Die Kommunikation ist eines der wichtigsten Tools im Unternehmen und auch für den Erfolg von Projekten ausschlaggebend. In der Teamarbeit steckt enorm viel Potential für den Unternehmenserfolg, allerdings hängt dieser Erfolg stark von der Kommunikation im Team ab. Dabei treten sehr häufig Fehler auf, die zu Missverständnissen führen und häufig in Auseinandersetzungen ausarten. Solche Missverständnisse kosten nicht nur Zeit, sondern verschlechtern auch die Gruppendynamik. Aus diesem Grund ist eine zielgerichtete, klare und wertschätzende Kommunikation von großer Bedeutung. - Konfliktmanagement
Konflikte und Auseinandersetzungen, die bei der Teamarbeit schnell entstehen und oft auf persönlicher Ebene ausgetragen werden, können den Projekterfolg gefährden. Dabei rückt das Projektziel immer weiter in die Ferne und die Konflikte nehmen überhand. Durch verschiedene Methoden und Werkzeuge der Deeskalation in Konfliktsituationen und durch die richtige Anwendung von konstruktivem Feedback sowie einer wertschätzenden Kommunikation und Anerkennungskultur können Konflikte sogar positiv genutzt werden.
Durch Erkenntnisse über die Hintergründe und Grundlagen von Konflikten kann ein positiver Nutzen entstehen, der das Arbeitsklima verbessert und die Produktivität ankurbelt.
Diese fünf Faktoren gehen ausschließlich auf den Mensch im Projekt ein. Dabei soll nicht der Eindruck erweckt werden, dass das klassische Projektmanagement keine Auswirkungen auf den Projekterfolg hat. Wie oben bereits erwähnt liegt die Projektsteuerung und Entscheidung mit 65 % auf Platz 2. der wichtigsten Erfolgsfaktoren. Des Weiteren wird das Qualitätsmanagement sowie die Projektaufbauorganisation mit über 30 % sehr oft als Erfolgsmerkmal genannt.
Das Projektmanagement der heutigen Zeit besteht also aus harten und weichen Faktoren, die beide von großer Bedeutung für den Projekterfolg sind.
Der Nutzen von Projektarbeiten
Die Etablierung einer individuellen Projektkultur und die Optimierung des Projektmanagements sind zwar zeitaufwendige Angelegenheiten, zahlen sich für Unternehmen aber definitiv aus. Laufen die Projekte einmal reibungslos, benötigen diese so gut wie keine Aufmerksamkeit und Kontrolle von Führungskräften mehr, das Team steuert sich selbst. Durch die selbstständige Planung und Umsetzung von Projekten identifizieren sich die Projektmitglieder stärker mit dem Ziel und haben die Motivation, diese auch zu erreichen. Diese Motivation kommt von “innen” heraus, wird nicht von externen Faktoren wie zum Beispiel Geld beeinflusst und wird auch als intrinsische Motivation bezeichnet. Diese wird auch durch die Erweiterung des Handlungsspielraumes in der Projektarbeit gestärkt.
Bei Veränderungen bezüglich der Anforderungen an das Projekt reagieren Teams flexibel und können sich schnell auf neue Bedingungen einstellen. Die Fähigkeiten und Potentiale jedes Einzelnen können im Projektteam ausgelebt werden und dadurch steigt wiederum die Arbeitszufriedenheit. Wird zusätzlich noch an einer angemessenen Anerkennungskultur gearbeitet, steigt die Leistungsbereitschaft und Produktivität.
Der Informationsfluss wird bei Projektarbeitern enorm beschleunigt und so können Probleme schneller und effektiver aus dem Weg geräumt werden. Durch eine konstruktive Feedbackkultur können sich einzelne Mitglieder persönlich weiterentwickeln und bei der Zusammenarbeit mit Experten aus verschiedenen Bereichen viel voneinander lernen. So werden auch soziale Fähigkeiten gestärkt und vernetztes Denken über den eigenen Tellerrand hinweg, wird ermöglicht.
Der Schlüssel für den Erfolg von Projekten liegt definitiv in der Qualität des Projektmanagements. Allerdings unter der Bedingung, dass weiche Faktoren mindestens die gleiche Bedeutung zugesprochen werden, wie harte Faktoren. Das klassische Projektmanagement, wie zum Beispiel die Planung, Zieldefinition und Steuerung von Projekten, legt die Rahmenbedingungen für die Projektarbeit fest. Ohne dieses Fundament an Strukturen und Projektstandards können auch die weichen Faktoren des Projektmanagements keine Früchte tragen. Dennoch hat der Faktor Mensch im Projekt den größten Einfluss auf den Erfolg von Projekten und sollte in Zukunft einen größeren Stellenwert einnehmen.
“Wenn über das Grundsätzliche keine Einigkeit besteht, ist es sinnlos, miteinander Pläne zu machen.” – Konfuzius
Hinweise:
Informationen zu zweikern, den Kompentenzen und Blog finden Sie unter http://zweikern.com/
[1] Manfred Moldaschl, Erkenntnisbarrieren und Erkenntnisverhütungsmittel, Erschienen in: Josef Kramer, Heike Stark & Falko von Ameln (2009): Organisationsberatung – blinde Flecken in organisationalen Veränderungsprozessen. Wiesbaden VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 301-312.
[2] Akademie-Studie (2002): Mythos Team auf dem Prüfstand. Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft GmbH
[3] Evidenzbasierte Erfolgsfaktoren im Projektmanagement, BPM-Labor Hochschule Koblenz, Prof. Dr. Komus, 2015
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