Kommunikation in IT-Projekten – Interview mit Leonhard Limburg
Kommunikation in IT-Projekten ist wichtig. Und Kommunikation ist schwierig. Ein Gespräch mit Leonhard Limburg, Geschäftsführer der QUI Gesellschaft für Qualität und Innovation mbH über besondere Herausforderungen in Leitungs- und Kommunikationssituationen in IT-Projekten.
Michael Schenkel: Herr Limburg, wir kennen uns schon seit einigen Jahren. Sie unterstützen Menschen und Organisation bei der Übernahme neuer Aufgaben durch die Gestaltung von Lern- und Entwicklungsprozessen. Dies geschieht meist in der Form eines Projektes. Ich weiß von Ihnen, dass Sie Kampfsport betreiben. Mussten Sie denn Ihre Kampfeskünste schon mal aktiv in einer Beratungssituation anwenden?
Leonhard Limburg: Nein, natürlich nicht aktiv als Reaktion auf einen körperlichen Angriff. Ich übe und unterrichte Aikido seit vielen Jahren und es macht mir viel Spaß. Und es gibt natürlich viele Situationen in Beratungs- und Coaching-Situationen, in denen ich es anwende. Wir sprechen oft vom „Aikido-Prinzip“; es ist ganz einfach (lacht): nutze die Energie des Angreifers und lenke sie in konstruktive Bahnen. Dieser Gedanke hilft mir auch bei komplexen Aufgabenstellungen in Unternehmen.
Michael Schenkel: Was ist denn eine typische, komplexe Aufgabenstellung in einem IT-Projekt?
Leonhard Limburg: Menschen in Projekten, besonders in IT-Projekten, befinden sich in einer temporären Ausnahme-Situation. Sie stehen unter hohem Erfolgsdruck, eine bis dato noch nicht gelöste Aufgabe in begrenzter Zeit und Budget, erfolgreich umzusetzen. Und dieser Druck nimmt mit fortschreitender Zeit noch zu.
Michael Schenkel: Diese Situation dürfte jedem Projektleiter und vermutlich den meisten Projektbeteiligten bekannt vorkommen.
Leonhard Limburg: Ja. Und natürlich sind die Herausforderungen in der Praxis noch vielfältiger. Vielleicht erfolgt die Zusammenarbeit mit neuen Teammitgliedern, über verschiedene Standorte. Vielleicht gibt es sprachliche und kulturelle Unterschiede. Vielleicht werden neue Organisationsformen der Zusammenarbeit gesucht oder der Prozess der Softwareentwicklung „neu gestaltet“. Es läuft immer wieder darauf hinaus, dass unterschiedliche Interessen aufeinandertreffen – und dann gibt es auch schon mal Auseinandersetzungen. Aber wenn es gelingt, die unterschiedlichen Perspektiven zu verstehen und zu nutzen, so kann man sich auch wieder zusammensetzen.
Michael Schenkel: Das klingt in der Tat schon ziemlich komplex. Wenn Sie nun zur Unterstützung in einem solchen Szenario hinzugerufen werden, wen unterstützen Sie denn dann genau? Den Projektleiter, das Team, alle gemeinsam?
Leonhard Limburg: Wichtig ist einen klaren Auftrag zu haben. Klar im Sinne eines gemeinsamen Verständnisses der Ziele und Ergebnisse der Zusammenarbeit. Das klingt trivial. Aber oft ist nicht klar, was sich durch die Zusammenarbeit im Projekt konkret verbessern soll. So wird oft an der Einführung einer neuen Software gearbeitet – und dies als Projektziel verstanden. Konkret müsste die Frage lauten: „Was soll durch die Einführung der neuen Software besser werden?“ Und hier ist ein gemeinsames Verständnis aller Mitarbeitenden im Projekt erforderlich. Ich arbeite also je nach Situation mit der Projektleitung und dem Team. Und dabei kommt es darauf an, alle Kompetenzen zu nutzen und in eine Richtung zu lenken. Wie beim Aikido!
Leonhard Limburg im Gespräch
Michael Schenkel: Bestimmt ist es ratsam, Sie so früh wie möglich mit an Bord zu nehmen, oder?
Leonhard Limburg: Ja, das wäre in der Tat ideal. Aber in der Realität ist es häufig so, dass Unternehmen schlechte Erfahrungen gemacht haben und dann erst relativ spät nach Unterstützung schauen. Erst wenn diese Unterstützung dann zu einer Verbesserung der Situation führt, denken manche Unternehmen darüber nach, vor Beginn des nächsten Projekts aktiv zu werden.
Michael Schenkel: Und was bieten Sie dann an?
Leonhard Limburg: Wir haben sehr gute Erfahrungen mit einem konkreten Workshop gemacht. Wir nennen ihn „Besondere Leitungs- und Kommunikationssituationen in IT-Projekten“. Ein sinnvoller Untertitel würde lauten: lernen durch Reflexion an konkreten Projektsituationen
Michael Schenkel: Was ist das Besondere an diesem Workshop?
Leonhard Limburg: In Ausnahmesituationen stehen Menschen unter Stress und nehmen sich oft keine Zeit, die anstehenden Herausforderungen entsprechend vor- und nachzubereiten. Hier setzt unser Workshop an: in einem geschützten Rahmen bieten wir den Projektleitern die Möglichkeit, ausgewählte Situationen aus Ihrer Projektpraxis mitzubringen und unter professioneller Begleitung zu reflektieren und sich auf die realen Herausforderungen der Projektarbeit vorzubereiten.
Michael Schenkel: Wie kann ich mir das vorstellen? Können Sie mir ein konkretes Beispiel geben?
Leonhard Limburg: Ein Klassiker ist die nächste Teamsitzung oder der Projekt-Kickoff. In einer Projektbesprechung wird oft viel Potenzial und Zeit vertan – sei es nun eine klassische Projektsitzung oder ein agiles Standup Meeting. Beide benötigen Vor- und Nachbereitung. Und da die Projektleitung „keine Zeit hat“ ist das letzte Meeting mit vielen unnötigen Diskussionen und Unmutsäußerungen mit über einer Stunde Verspätung beendet worden. Und die Stimmung im Team ist schon länger nicht gut. So hat sich die Projektleitung entschlossen, diese Themen in der nächsten Projektbesprechung mit dem Team zu bearbeiten. Und genau diese Situation können wir im Workshop bearbeiten und vorbereiten. Dabei ist der Schwierigkeitsgrad beliebig skalierbar.
Michael Schenkel: Aber er richtet sich an der konkreten Situation vor Ort aus?
Leonhard Limburg: Ja, genau. So nehmen die Beteiligten die meisten Anregungen mit. Theoretische Diskussionen sind zwar nicht schlecht, aber wenn es um reale Situation geht, ist das Commitment der Beteiligten viel größer. Es geht um die Lösung ihrer Herausforderungen und nicht um ein erdachtes Beispiel einer x-beliebigen Beispielfirma.
Michael Schenkel: Sind Sie sich sicher, dass Sie da nicht doch ab und an Aikido benötigen?
Leonhard Limburg: (Lacht) Ganz sicher. Es geht um Veränderung. Um Veränderung im Miteinander. Um Veränderung bei sich selbst? Das ist nicht einfach und manchmal auch richtig schwierig. Umso wichtiger ist der geschützte Rahmen, den wir den Projektleitern im Workshop bieten. Wie beim Aikido nutzen wir gemeinsam die vorhandene Energie aller Projektmitglieder, um die Projektziele mit vereinten Kräften zu erreichen. Lernen mit allen Sinnen aus reflektierter Erfahrung. In einer vertrauensvolle Atmosphäre. Im Aikido nennen wir das „jiyu waza“
Michael Schenkel: Woher kommt denn Aikido?
Leonhard Limburg: Aus Japan.
Michael Schenkel: Ich habe gesehen, dass Sie auf Ihrer Webseite eine chinesische Weisheit veröffentlicht haben: „Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Schutzmauern, die anderen Windmühlen.“ Kommen denn die Mauerbauer überhaupt zu ihren Workshops? Ich würde ja vermuten, dass die Windmühlen-Freunde sich lieber darüber austauschen wollen, wie Sie die Mauern überwinden können.
Leonhard Limburg: Da kann ich nur für mich persönlich sprechen: Ich lenke meine Aufmerksamkeit auf die Themen, die mich persönlich interessieren. Dabei hilft mir die eine oder andere Mauer auch schon mal, den für mich richtigen Weg zu finden. Also versuche ich im Projektmanagement diese Mauern zu nutzen anstatt dagegen anzurennen. Wir machen deshalb in unseren Workshops Angebote um gemeinsam – mit- und voneinander – zu lernen. Und das Feedback unserer Teilnehmer zeigt mir, dass dies für viele der richtige Weg ist.
Michael Schenkel: Herr Limburg, eine letzte Frage: Welchen Dan haben Sie in Aikido?
Leonhard Limburg: Ich habe vor vielen Jahren den 2. Dan gemacht. Darüber gibt es noch viele bis zum 10. Dan. Aber zum Glück gibt es im Aikido keine Wettkämpfe, so dass Formalien nicht so wichtig sind.
Michael Schenkel: Danke für das sehr nette Gespräch und den Erfahrungsaustausch.
Leonhard Limburg: Sehr gerne. Danke ebenfalls.
Hinweis
Leonhard Limburg begleitet Führungskräfte, Mitarbeiter und Teams in ihrem konkreten Arbeitsumfeld. Dabei sind Konzeption und Realisierung von Produkten und Prozessen gemeinsam mit Kunden und Partnern ein wichtiger Teil seiner Arbeit. Weitere Informationen zu Leonhard Limburg finden Sie unter https://qui.de/
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