Musterhaft Sprinten
In unserer Welt des Projektmanagements und Requirements Engineerings haben sich in den letzten 30 Jahren viele Vorgehensweisen etabliert, wurden verworfen, überarbeitet, neu erfunden. Von klassischen Herangehensweisen wie V-Modell, V-Modell XT, Prince2, PMI PMBok und IPMA bis zu den heute sehr beliebten agilen Prinzipien Extreme Programming, Scrum, Lean, LeSS, SAFe findet man in Organisationen alles wieder.
In VUCA-Zeiten reden viele von Umbruch, Neuorientierung bzw. mindestens von notwendiger Überarbeitung der bestehenden Vorgehensweisen und der Zusammenarbeit in der Organisation, in Projekten und der Produktentwicklung.
Wenn selbst in regulierten Märkten wie der Medizin-, Automotive- oder Luftfahrtindustrie agiler vorgegangen werden soll, um schneller mit den Produkten an den Markt zu gehen, die Qualität zu erhöhen und Kosten zu senken, stellt sich schnell die Frage, wie denn nun vorhandene schwergewichtige Vorgehensweisen verschlankt und agiler gemacht werden können.
Mit dem vorletzten Blogbeitrag berichtete ich über das letzte PMI BB Chaptermeeting bei microTOOL und riss kurz den Vortrag von Enrico Fritz an, der mit „Lean soll es sein – Projektmanagementstandards musterbasiert anwenden“ eine Technik zur Definition und Nutzung von agilen aber normgerechten Prozessbausteinen vorstellte – Prozessbausteine, die Normen und Richtlinien erfüllen, agile Ansätze beinhalten und super schlank sein können – Prozessbausteine, die zu Ihnen und Ihrem Umfeld passen und Ihre Erwartungen der zu definierenden Zusammenarbeit erfüllen. Mit diesem Blogbeitrag möchte ich diese Technik nun näher vorstellen.
Was heißt hier „musterbasiert“? Was ist ein Muster?
Eine schöne Definition des Begriffes Muster finden wir im Städtebau des letzten Jahrhunderts. Christoph Alexander, Architekt und Architekturtheoretiker machte sich dazu Gedanken und entwickelte 1977 die erste Muster-Sprache. Er definierte Muster wie folgt:
Jedes Muster beschreibt ein in unserer Umwelt beständig wiederkehrendes Problem und erläutert den Kern der Lösung für dieses Problem, so dass Sie diese Lösung beliebig oft anwenden können.
Mit der Muster-Sprache (A pattern Language) gab er Antwort auf immer wiederkehrende Entwurfsprobleme mit der Entwicklung von musterbasierten Lösungen.
Sein Prinzip der Muster-Sprache griffen E. Gamma, R. Helm, R. Johnson und J. Vlissides (kurz: The Gang of Four, GoF) auf und transferierten die Muster-Sprache auf die Softwareentwicklung, klassifiziert nach Zweck des Musters (purpose) und des Bereichs, auf den sie wirken (Scope) [1]. Ihr 1994 veröffentlichtes Buch „Design Patterns, Elements of Reusable Object-Oriented Software“ gilt als eines der Standardwerke im Bereich Softwaretechnik. Das darin beschriebene MVC-Muster (Model View Controller) findet beispielsweise auch in der App-Programmierung beim i-Phone Anwendung [2].
Kann nun dieser Musteransatz auch im Projektmanagement zur Anwendung kommen und Vorteile bieten?
Wenn wir uns die bekannten Standards schnappen, ist schnell festzustellen, dass ein Grundmodell immer wiederzufinden ist – ein Muster, was den Zusammenhang zwischen Planung, Inhalt und den Verantwortlichen wiederspiegelt.
Grundmodell eines Musters
Ein Team oder Mitarbeiter soll eine Aktivität durchführen. Die Aktivität beschreibt, bis wann und mit wie viel Aufwand und Einsatz des Mitarbeiters etwas getan werden soll. Die Aktivität besitzt Vorgaben – hier Input genannt – und soll Ergebnisse liefern – hier Output genannt. Dieses EVA-Prinzip findet sich in klassischen Ansätzen wie auch in agilen wieder.
Beispielsweise im V-Modell XT:
Muster im V-Modell XT
Ein Projektleiter erzeugt auf Basis der Ausschreibungsunterlagen ein Projekthandbuch.
oder in Scrum:
Muster in Scrum
Ein Team produziert auf Basis des Sprint-Backlogs im Rahmen des Sprints eine neue Version des potentiell lieferfähigen Produkts.
Egal wie schwergewichtig oder agil oder lean eine Vorgehensweise auch ist, beschreibt dieses Prinzip wer, wann, was unter welchen Bedingungen tun soll.
Schön. Und wie können nun konkrete Prozessbausteine und Workflows festgelegt und in den Projekten angewendet werden?
Wenn Sie für die Unterstützung Ihres Projektmanagements und Requirements Engineerings mit allen Aspekten, die daran hängen, nicht mehr auf Toolinseln setzen und stattdessen eine integrierte Umgebung wie objectiF RPM verwenden, nutzen Sie gleich die eingebaute Mustertechnik, die nicht nur die Definition der Prozessbausteine ermöglicht, sondern die Anwendung der Bausteine zur Planung, Steuerung und Erzeugung von Projektinhalten unterstützt.
Was kann die Mustertechnik in objectiF RPM Ihnen bieten?
Mit der Mustertechnik können Sie Planungs- und Steuerungselemente wie
- Phasen,
- Releases,
- Sprints,
- Arbeitspakete,
- Aktivitäten,
strukturierende Elemente wie
- Packages und Ordner,
- Themen im Favoritenbrowser
aber auch inhaltliche Elemente wie
- Stakeholder und Ziele,
- Anforderungen,
- Testfälle,
- Risiken und Maßnahmen,
- Dokumente,
- Diagramme
- und Abfragen und Auswertungen
mit Beziehungen untereinander erzeugen.
Wenn gewünscht kann jedes Teammitglied Muster „erfinden“ und allen Kollegen zur Verfügung stellen und das geht so:
How to – Wie lege ich ein Muster an?
Die Erzeugung eines Musters in objectiF RM erfolgt in nur 4 Schritten:
1. Muster anlegen
objectiF RPM besitzt einen Bereich „Einstellungen“, so zu sagen hinter den Kulissen eines Projekts, in dem Sie in einem oder mehreren Musterkatalogen Ihre Muster erzeugen und ablegen können.
Per Kontextmenü „Weitere anlegen…\Muster…“ legen Sie hier ein Muster an.
Muster anlegen
objectiF RPM unterstützt zwei Arten von Muster.
Möchten Sie ein vorhandenes Element in objectiF RPM mit weiteren Details versehen, wählen Sie als Art „Verfeinerung“. Ein Muster könnte so beispielsweise zu einem Arbeitspaket Arbeitsschritte als Kindelemente anlegen.
Legen Sie nun noch den Stereotyp des Elements fest, auf dem Sie das Muster verwenden werden.
Möchten Sie zu einem vorhandenen Element in objectiF RPM hingegen weitere Elemente anlegen und in Beziehung setzen, so wählen Sie als Art „Erweiterung“. Ein Beispiel dafür wäre die Erzeugung einer neuen Projektphase mit Kontrollfluss zur vorhergehenden Phase.
2. Muster füllen – Elemente anlegen und Plandaten vergeben
Im erzeugten Muster legen Sie als Erstes ein Element als „Kontextelement“ an, auf welchem Sie per Kontextmenübefehl „Muster anwenden“ das neue Muster ausführen möchten.
Nun überlegen Sie sich, was die Anwendung des Musters in Ihrem Projekt erzeugen soll. Vielleicht einzelne Aktivitäten mit festgelegter Dauer, Mitarbeiter-/Teamzuodnung und mit eingehenden und ausgehenden Dokumenten? Vielleicht auch Dokumente mit Kapiteln auf Basis von vorhandenen Dokumentvorlagen? Vielleicht auch Diagramme der UML/SysML oder auch Auswertungen, Dashboards oder Charts? Über das Kontextmenü des Musters lassen sich im Muster genau die Elemente anlegen, die später im Projekt durch Ausführung des Musters erzeugt werden sollen.
Muster mit Elementen befüllen
3. Kontrollflüsse/Beziehungen zwischen den Elementen anlegen
In objectiF RPM können Sie Elemente miteinander in Beziehung setzen. So legen Sie beispielsweise über Kontrollflüsse die Reihenfolge von Aktivitäten fest oder über „verify“-Beziehungen ordnen Sie Testfälle einzelnen Anforderungen zu.
Auch im Muster erzeugen Sie solche Beziehungen über das Kontextmenü oder den Eigenschaftsdialog des jeweiligen Elements. Bei der Anwendung des Musters werden im Projekt dann die Beziehungen zwischen den festgelegten Elementen erzeugt.
Kontrollfluss anlegen
4. Themengruppe im Muster erzeugen
Für den Schnellzugriff auf Informationen bietet objectiF RPM auf der linken Seite des Bildschirms eine sogenannte „Themenleiste“ an. In einzelnen Gruppen lassen sich Abfragen, Dashboards und Charts platzieren, die per Mausklick durch den Anwender geöffnet werden können.
Bei der Musterdefinition legen Sie nun noch fest, ob in einer neuen oder vorhandenen Themengruppe einzelne Abfragen, Dashboards oder Charts, die durch Ihr Muster erzeugt werden, auch platziert werden sollen.
Themengruppe im Muster erzeugen
Auf Basis dieser 4 Schritte können Sie Ihre Prozesse und Workflows festlegen und im Tool auch sofort anwenden lassen. Die resultierenden Muster/Bausteine können so lean, agil oder umfangreich sein, wie Sie es für Ihre Projekte oder Produktentwicklungen eben vorsehen.
Kommen wir zu einem kleinen Beispiel.
Stellen Sie sich vor, Sie möchten medizinische Software mit agilen Methoden normkonform entwickeln. Konkret möchten Sie nach Scrum arbeiten und die Norm IEC 62304 erfüllen.
Laut der Norm müssen Sie für Ihre Sprintplanungen und –durchführungen jeweils dokumentieren,
- wer am Sprint beteiligt war,
- welche nicht behobenen Fehler und Abweichungen existieren,
- welche Maßnahmen aus der Risikoanalyse verifiziert wurden,
- und welche gemeldeten Fehler externer Quellen durch welche Tests verifiziert wurden.
Wie können Sie nun neue Sprints in Ihre Terminplanung mit Bezug zum Vorgänger-Sprint und dem verantwortlichen Team einfügen, vielleicht ein Kanban-Board für die Sprints erzeugen, was alle Stories des Sprints anzeigt und pro Sprint ein Dokument gemäß der IEC 62304 zur Dokumentation vorsehen? Und das mit möglichst wenig Aufwand und wiederholbar? Ganz einfach: Legen Sie sich ein Muster „nächsten Sprint erzeugen“ dafür an und verwenden dieses. Die Erstellung des Musters ist nicht aufwändig und erfolgt per Klick in objectiF RPM.
Das Video zur Erstellung von Mustern in objectiF RPM
Die Erzeugung eines Musters ist das eine. Wie können Sie und Ihre Kollegen ein Muster nun anwenden? Die Antwort lautet: kontextbezogen – über das Menü des Projektelements, für das Sie das Muster vorsehen. Schauen Sie selbst:
Das Video zur Anwendung von Mustern in objectiF RPM
Fazit
Die objectiF RPM Mustertechnik ermöglicht Ihnen und Ihren Kollegen die Festlegung von Best Practices und die Weitergabe und Nutzung in Projekten. Für Teams ist die Technik leicht anwendbar, „Häppchenweise“ erlernbar und projektspezifisch anpassbar. In Ihrem Unternehmen können Sie Stück für Stück standardisieren und Ihre eigene für Sie passende Vorgehensweise etablieren, die so schlank wie möglich aber so normkonform wie nötig ausfallen kann.
Möchten Sie eigene Erfahrungen sammeln und sich mit der Mustertechnik näher vertraut machen? Die Trial Edition von objectiF RPM ist kostenfrei und kann hier heruntergeladen werden:
[1] www.wikipedia.de
[2] https://www.heise.de/developer/artikel/Entwurfsmuster-Elemente-wieder-verwendbarer-objektorientierter-Software-1021890.html
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