Was Sie selbst tun können, um Ihre Kommunikation am Arbeitsplatz zu verbessern
Das ist nun mal so!
Oft ist es so, dass wir alles bewerten. Den Menschen, der uns gegenüber sitzt, unsere Umgebung und natürlich uns selbst. Da ist schnell etwas kategorisiert als angemessen oder nicht normal. Schnell unterstellen wir unserem Gegenüber auch, was er über uns denkt oder wie er sein Gesagtes gemeint hat. Hier liegt der Grund für viele Missverständnisse.
Bewerten Sie Ihr Gegenüber regelmäßig?
Bewerten tun wir ständig! Das gilt für alles, was um uns herum passiert. Das kann der Kollege sein, dem Sie unterstellen, dass er Sie nicht mag, weil er mit den anderen mehr spricht und lacht. Ob das der Fall ist, können Sie nur sagen, wenn er es direkt sagen würde.
Oder der Chef, der Ihnen immer die besonders aufwendigen Aufgaben gibt. Der macht das doch sicherlich, um Sie zu ärgern? Schließlich müssen Sie ja dafür auch länger im Büro bleiben. Doch wie verhält es sich wirklich? Könnte es auch sein, dass Ihr Chef Ihnen besonders vertraut und weiß, dass Sie besonders sorgfältig und genau arbeiten? Vielleicht hat es also eher etwas mit Vertrauen zu tun, dass er Ihnen solch anspruchsvolle Tätigkeiten übergibt?
Die gewaltfreie Kommunikation ist eine Methode, die dem ständigen Bewerten entgegen wirkt. Sie besteht aus vier Schritten, davon ist der erste die Beobachtung. Durch die reine Beobachtung, die wertfrei formuliert ist, bekommen wir mehr Abstand von der Situation und unserem Gesprächspartner. Durch diesen Schritt fokussieren wir uns auf die sachliche Ebene, also auf Zahlen, Daten, Fakten. Gerade, wenn wir wütend sind, schaffen wir es so, schneller wieder sachlich sein zu können.
Bewertungen erkennen und umformulieren
Das Vorgehen ist wie folgt: Wenn Sie in eine Situation kommen, wo Sie etwas stört, ist es wichtig, erst mal die Bewertungen in Ihrem Kopf zu erkennen. Formulieren Sie diese anschließend in eine objektive Beobachtung um, die konkret ist und keine Verallgemeinerungen enthält.
Ein Beispiel:
Zuerst haben Sie in der Regel bei der Beschreibung Wertungen:
Ein Kunde hat eine Bestellung aufgegeben, mit den Ergebnissen ist er nie zufrieden. Ich bin ständig dabei, Änderungen vorzunehmen und dann fallen ihm noch Sachen ein, die er vorher nicht bemängelt hat. Scheinbar findet er immer etwas auszusetzen und will mich damit nerven.
In diesen Sätzen sind etliche Bewertungen enthalten: nie, ständig, immer, auszusetzen, nerven.
Ziel ist es nun, daraus eine reine Beobachtung zu formulieren:
Der Kunde hat eine Bestellung aufgegeben, mit den Ergebnissen ist er nicht zufrieden. Ich bin zum dritten Mal dabei, Änderungen vorzunehmen. Nach diesen Änderungen fallen ihm Sachen ein, die er vorher nicht bemängelt hat.
Dass der Kunde Sie nerven will, ist eine Unterstellung, denn das können Sie ja nicht wissen. Ja, vielleicht ist das der Fall, doch eher unwahrscheinlich. Die meisten Menschen sind sehr mit sich selbst beschäftigt und haben keine Zeit für so etwas.
Objektivität und sprachliche Bewertungen
Ist 100% Objektivität möglich? Klar, 100% objektiv sind wir nicht, denn wir bringen unsere Erfahrungen und auch unsere Perspektive mit hinein. Doch oft sind wir uns gar nicht bewusst, dass wir mal wieder bewerten und darum geht es in diesem Schritt. Der Schritt der Beobachtung soll uns sensibilisieren. Was ist wirklich passiert und was ist nur in Ihrem Kopf?
Doch es geht noch weiter. Unsere Bewertungen der Lage/ der anderen Person bleiben nicht nur in unserem Kopf. Die Bewertungen oder Urteile, die wir fällen, beeinflussen unsere Art mit dem anderen umzugehen und auch unsere Sprache. Schließlich kommunizieren wir verbal und körperlich.
Kommunikation am Arbeitsplatz verbessern – was können Sie selbst tun?
Auf die eigene Sprache achten
Üben Sie mal eine Woche lang, Situationen mit anderen Menschen so genau wie möglich zu beschreiben und schauen Sie, was für Bewertungen Ihre Beschreibungen enthalten. Nehmen Sie sich eine Woche lang jeden Tag vor, mindestens einmal am Tag den ersten Schritt der gewaltfreien Kommunikation anzuwenden.
Achten Sie bei der Wortwahl auf Folgendes:
Wie oft sagen Sie „gut“, „schlecht“, „falsch“ oder „richtig“? Könnten Sie nicht genauer werden und sagen, was Ihnen konkret gefallen oder missfallen hat?
Neigen Sie zu Übertreibungen? Pauschalisieren Sie und sagen Sie „immer,“ „nie“, „alle“, „keiner“? Können Sie auch hier konkreter werden und sagen, wie oft es war, dass beispielsweise der Kollege die Akten neben den Aktenvernichter stellt hat und diese nicht selbst vernichtet hat?
Was fällt Ihnen bei Ihren Bewertungen auf? Was bewerten Sie? Was nervt Sie? Auch hier können Sie Klarheit bekommen über Ihre Trigger. Geht es um das Aussehen anderer Leute, sind sie Ihnen zu dick, zu dünn, zu modern oder zu sexy gekleidet? Stört Sie, wie sie reden, weil sie einen Dialekt oder einen Akzent haben, sich ständig (!) wiederholen und immer zu laut oder zu leise reden (für Sie)?
Geht es bei Ihnen um Höflichkeit? Regen Sie sich auf, weil andere Menschen nicht genug Rücksicht nehmen? Weil sie die Tür nicht aufhalten, bei Ihnen nicht anklopfen, bevor sie in das Büro kommen? Weil sie denken, Sie haben immer Zeit, um auch ihre Aufgaben zu erledigen?
Nach dieser Woche haben Sie einen Einblick in Ihr sprachliches Verhalten in Bezug auf Bewertungen. Sie wissen was Sie stört und was Sie deswegen bewerten. Sie sind sensibilisiert auf Ihre Bewertungen und können sie leichter weglassen.
Wertfrei im Gespräch
Wenn Sie das für sich im Stillen geübt haben, können Sie es anschließend direkt im Gespräch anwenden. Achten Sie also im Gespräch darauf, weiterhin wertfrei zu formulieren. Auch in der jeweiligen Situation, mit der Sie nicht zufrieden sind, macht es Sinn, das Gespräch erst zu suchen, wenn der Kopf klarer und frei von Bewertungen ist. Das Gespräch fällt es Ihnen dann leichter. Solange Sie noch zu verärgert sind, haben Sie vielleicht wertfreie Formulierungen, doch Ihre Körpersprache wird sie verraten. Sagen Sie dem anderen, so konkret wie möglich, um was es genau geht, damit er auch weiß, wovon Sie sprechen.
Einfluss auf das Selbstbild des anderen
Bedenken Sie auch, dass Sie mit Bewertungen oder Urteilen über den anderen sein Selbstbild beeinflussen können. Was heißt das genau? Sagen Sie zu Ihrem Angestellten oder Kollegen regelmäßig, dass er etwas nicht kann, glaubt er es am Ende vielleicht. Das hat damit zu tun, wie gut ausgeprägt sein oder ihr Selbstbewusstsein ist. Hören wir bestimmte Aussagen immer wieder, hinterfragen wir sie irgendwann nicht mehr. Vorbilder haben dabei besonderen Einfluss auf uns. Seien es nun die Eltern, die Lehrer oder die Manager oder Mentoren in der Firma. Worte können verletzender sein als Hiebe, deswegen sollte jeder sich bewusst sein, was er mit Sprache anrichten kann. So ist es sinnvoll, sich und seine Meinung über den anderen zu hinterfragen, bevor man sie äußert.
Bewertungen durch den anderen
Was machen Sie, wenn der andere Sie direkt im Gespräch bewertet? Auch hier gilt, erstmal tief durchatmen und sich auf die Fakten konzentrieren. Was hat die Person genau gesagt?
Sagt er etwas wie „Sie sind total unzuverlässig“, fragen Sie nach, was er konkret damit meint. Oder auch „Sie sind ständig zu spät“. Auf welchen Zeitraum bezieht er sich? Der Gesprächspartner muss konkreter werden und sich auf Zahlen, Daten, Fakten fokussieren. Falls diese Bewertung keine Grundlage hat, wird das hier sehr schnell klar. Geht es um einzelne Tage oder Situationen ist auch verständlich, dass es kein allgemeines Urteil sein kann, dass Sie „so“ sind.
Was bringt Ihnen das?
Durch diese Übungen merken Sie schneller, wenn Sie etwas bewerten und schaffen es letztlich weniger zu bewerten. Dadurch ärgern Sie sich weniger, da Sie sich mehr auf die Fakten konzentrieren, statt den Bewertungen in Ihrem Kopf zu viel Raum zu lassen. So erkennen Sie schneller Konfliktpotential und Streitereien können Sie schneller beilegen. Es lohnt sich also, hier die Zeit und Energie hineinzustecken.
Hinweise:
Susanne Lorenz bietet verschiedene Seminare zur gewaltfreien Kommunikation an:
Basis-Seminar gewaltfreie Kommunikation: http://wirksam-kommunizieren.de/gewaltfreie-kommunikation-gfk-nach-marshall-b-rosenberg/
Intensiv-Seminare gewaltfreie Kommunikation: http://wirksam-kommunizieren.de/intensiv-seminar-gewaltfreie-kommunikation-im-business/
Übungsgruppe gewaltfreie Kommunikation: http://wirksam-kommunizieren.de/uebungsgruppe-gewaltfreie-kommunikation-im-business/
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