Alles ändert sich

by | 29.01.2018 | Requirements Engineering

Alles ändert sich. Anstatt Fern zu sehen, wähle ich jetzt Filme und Serien bequem über einen Streaming-Service. Anstatt an einem Festnetzanschluss anzurufen und zu hoffen, jemand möge den Hörer abnehmen, rufe ich direkt auf das Handy an (was ja mittlerweile fast smarter ist als ich selbst bin). Und anstatt mir sagen zu lassen, wann ich Süßigkeiten essen darf, kann ich morgens zum Frühstück erst einmal das Eis aus dem Gefrierfach holen. Von meinen Eltern hätte ich als Kind jedenfalls etwas zu hören bekommen. Heute als Erwachsene kann ich das nicht nur selbst entscheiden, sondern mich auch auf eine Studie stützen. Sie belegt, dass man schlauer wird, wenn man morgens Eis isst 1. Gut, gleichzeitig wurde dieses Studienergebnis wieder angezweifelt, weil die Kontrollgruppe überhaupt kein Frühstück hatte 2. Aber das übergehe ich mal. Und außerdem muss ich auch mit negativen Konsequenzen des Erwachsenseins leben: Rechnungen zahlen, Essen auf den Tisch bringen, Wohnung sauber halten und so weiter und so fort.

Veränderungen wirken sich also immer positiv oder negativ auf mich aus. Womöglich auch gar nicht, wenn ich sie ignorieren kann. Nur eines ist sicher: Es gibt sie immer. Denn wie sagte Goethe schon:

„Das Leben gehört dem Lebendigen an, und wer lebt, muß auf Wechsel gefasst sein.“

Veränderungen im Projektalltag

Auch im Projektalltag sind Veränderungen ganz natürlich. Ignorieren können wir diese zumeist nicht. Zum Beispiel wünscht sich die Kundin nun doch etwas ganz Anderes oder sie verschiebt ihre Prioritäten. Oftmals passiert das, weil ihr zu Anfang noch nicht genau bewusst war, was genau sie wollte, und während des Projekts dazulernte. Würden Sie ihre neuen Wünsche einfach unbeachtet lassen, so lieferten Sie am Ende etwas, das nicht ihren Vorstellungen entspricht. Es würde ebenfalls mehr Kosten und erhöhten Arbeitsaufwand wegen Nachbesserungen nach sich ziehen.

Also heißt es, auf die Veränderung ihrer Ziele zu reagieren. Am besten schnell und flexibel, damit Sie mit so wenig negativen Konsequenzen wie möglich umgehen müssen. Doch es zeigt sich hier eine eklatante Schwierigkeit: das Ausmaß der Veränderung komplett zu erfassen. Das Schlagwort Nachvollziehbarkeit bzw. Traceability fällt dann – und zwar vor allem im Bezug auf das Requirements Engineering.

Traceability als Grundlage für die Auswirkungsanalyse

Dazu ein kleines Beispiel:

In einem Krankenhaus soll in den nächsten Jahren ein mobiles Patienteninformationssystem (moPATIS) zum Einsatz kommen. Im System werden krankenhaus- und speziell patientenbezogene Daten gespeichert und auf Tablets für die Ärzte und das Pflegepersonal angezeigt.

Um die Anforderungen an das System zu ermitteln, bewährt es sich, in den folgenden Schritten vorzugehen:

  1. Sie grenzen das System (in diesem Beispiel moPATIS) und den Systemkontext ab. Dazu gehört, die Stakeholder zu ermitteln.
  2. Sie ermitteln die Ziele der Stakeholder.
  3. Sie definieren Use Cases und ordnen diesen den Zielen zu.
  4. Sie leiten Anforderungen aus den Use Cases ab.
  5. Und Sie definieren Testfälle zu Ihren Anforderungen.

Es ergibt sich daraus folgende grobe Kette:

Stakeholder > Ziele > Use Cases > Anforderungen > Testfälle

Und wenn Sie es grafisch mögen, können Sie auch die UML/SysML-Ausdrucksmittel in einem Requriements Engineering-Tool verwenden oder das Ganze auf einer Plantafel darstellen:

UML- SysML- Ausdrucksmittel

Schnappschuss aus unserem IREB-Seminar (Foundation Level)

Mitten im Projekt ändert ein Stakeholder sein Ziel. Zum Beispiel sagt Dr. Jonas Rieger, ein Arzt in dem Krankenhaus, in dem das moPATIS-System eingesetzt werden soll:

“Die Idee, ein 3D-Modell des Körpers vom Patienten im System anzuzeigen, war völliger Quatsch. Das bringt mehr Verwirrung als Klarheit. Nachher verwechsle ich das linke mit dem rechten Bein, weil die Darstellung ungenau ist. Außerdem wird das bestimmt zu teuer und ob das System mit dieser 3D-Technik noch flüssig und schnell läuft, wage ich auch zu bezweifeln.”

Jetzt haben Sie natürlich diese Anforderung bereits aufgenommen und sie in weitere Anforderungen unterteilt sowie Testfälle geschrieben. Womöglich steht sie mit anderen Anforderungen oder mit Systemkomponenten in Verbindung. Vielleicht sind auch weitere Stakeholder an ihr interessiert, die die Einstellung von Dr. Rieger nicht teilen. Wenn Sie das Beziehungsgeflecht der einzelnen Elemente hergestellt haben, lassen sich die Auswirkungen von Änderungen nachvollziehen und Entscheidungen viel leichter treffen.

Auswirkungen von Änderungen mit objectiF RM erkennen

Nachvollziehbarkeit setzt Beziehungen voraus, die Sie zwischen den einzelnen Arbeitsergebnissen herstellen. Gleichzeitig gilt: Je größer das Projekt ist, desto schwieriger wird es, den Überblick über die Beziehungen zu behalten und damit die Änderungsauswirkungen nachzuvollziehen. Daher bietet sich ein Requirements Engineering-Tool an, das Sie bei dieser Arbeit unterstützt. Mit objectiF RM halten Sie Ihre Stakeholder und deren Ziele fest, leiten davon Use Cases ab, erfassen Anforderungen und die dazugehörigen Testfälle. Das lässt sich sowohl rein textlich durch Formulare realisieren als auch mit Hilfe von Diagrammen wie dem Ziel-, Use Case- und Anforderungsdiagramm. Egal, ob Sie die Beziehungen eines Stakeholder-Ziels zu einem Use Case im Formular herstellen oder in einem Diagramm – objectiF RM verwaltet die Beziehungen zuverlässig. So können Sie von einem Element ganz einfach zum nächsten navigieren.

In der Regel bewährt es sich, als Startpunkt der Auswirkungsanalyse den entsprechenden Use Case zu wählen. Denn dieser sollte immer mit einem Ziel verbunden sein. Im Falle von Dr. Rieger zum Beispiel öffnen Sie das Formular des dazugehörigen Use Cases und überprüfen, welche Anforderungen von ihm abgeleitet wurden, zu welchem Ziel er gehört, ob es Testfälle gibt und welche anderen Beziehungen bestehen. Alternativ werfen Sie einfach einen Blick auf das Use Case-Diagramm und navigieren von dort aus weiter.

Use Case Formular

Das Formular eines Use Cases. Alle mit einem Punkt markierten Registerkarten sagen Ihnen, dass es dort Inhalte gibt.

Navigation im Use Case Diagramm

Mit einem Rechtsklick auf einen Use Case im Diagramm und der Option “Gehe zu” können Sie zu den in Beziehung stehenden Elementen navigieren.

Fazit

Wenn Sie jederzeit Ihre Arbeitsergebnisse nachvollziehen können, müssen Sie Veränderung nicht fürchten. Das “Fangnetz” der Traceability unterstützt Sie dabei, mit diesem natürlichen Prozess im Projektalltag umzugehen. Nachvollziehbarkeit bis zum Ursprung der Anforderungen – also bis zu den Stakeholdern und ihren Zielen – hilft Ihnen zum Beispiel, die Anforderungen zu validieren und Ihre Stakeholder zufriedenzustellen. Entscheidungen sind besser nachvollziehbar und die Qualität der Lösung wird erhöht. Doch nicht nur für das Requirements Engineering spielt Nachvollziehbarkeit eine wesentliche Rolle. Auch die Projektplanung ist von Veränderung betroffen, sodass Sie alle Auswirkungen erkennen müssen. Denn mit jeder Änderung des Projektumfangs können sich sehr leicht gesetzte Endtermine verschieben. Tools können Sie für die Auswirkungsanalyse sowohl beim Requirements Engineering als auch in der Projektplanung unterstützen.

Und was mache ich jetzt, da keine Studie die positiven Auswirkungen von Eis zum Frühstück belegt? Ich suche mir andere. Es gibt da zum Beispiel eine, die besagt, Schokoladenkuchen am Morgen solle beim Abnehmen helfen 3. Ich glaube das jetzt einfach mal.

 

Erfahren Sie selbst, wie Requirements Engineering mit objectiF RM funktioniert, und laden Sie sich die kostenlose Testversion herunter.

Und für alle, die die Grundlagen zum Requirements Engineering erlernen möchten: Melden Sie sich doch gleich bei einem unserer Seminare zum Certified Professional for Requirements Engineering (Foundation Level) an.

 

Hinweise:

1: http://www.independent.co.uk/life-style/health-and-families/health-news/ice-cream-breakfast-more-intelligent-japanese-scientist-yoshihiko-koga-smarter-clever-morning-a7434091.html

2: http://www.iflscience.com/health-and-medicine/no-probably-shouldnt-eat-ice-cream-breakfast/

3http://www.telegraph.co.uk/news/health/news/9069276/Chocolate-cake-breakfast-could-help-you-lose-weight.html