Interview mit Stefan Sturm von IREB
Für microTOOL ist das Requirements Engineering ist die erste und entscheidende Weichenstellung in einem Projekt. Gerne arbeiten wir daher mit dem IREB e.V. und der IREB GmbH als zertifizierter Trainingsprovider und Silver Partner zusammen. Ein Gespräch mit dem IREB Geschäftsführer, Stefan Sturm, und Tanja Sadrinna von microTOOL.
Tanja Sadrinna: Herr Sturm, Sie sind Geschäftsführer der 2011 gegründeten IREB GmbH, die das operative Geschäft des International Requirements Engineering Boards e.V. unterstützt. Der IREB e.V. hat sich 2006 zum Ziel gesetzt, professionelle Standards durch Aus- und Weiterbildung im Requirements Engineering zu etablieren. Mittlerweile sind über 20.000 Menschen weltweit in 57 Ländern zertifiziert. Warum lohnt es sich Ihrer Meinung nach für ein Unternehmen, in eine Qualifizierung von Mitarbeitern in diesem Bereich zu investieren?
Stefan Sturm: Fundiert erhobene, dokumentierte und abgestimmte Anforderungen (Requirements) sind der Schlüssel zum Projekterfolg. IREB setzt mit der praxisorientierten CPRE-Zertifizierung seit 2006 Maßstäbe in der Ausbildung im Requirements Engineering. Firmen die Ihre Mitarbeiter im CPRE zertifizieren, verbessern Ihre Prozesse und die Qualität ihrer Produkte. Auf diese Weise heben sie sich vom Wettbewerb ab, ggf. auch mit einem Partner-Siegel des IREB.
Tanja Sadrinna: Was ist der Vorteil einer IREB-Zertifizierung zum Certified Professional for Requirements Engineering (CPRE) gegenüber der Certification of Competency in Business Analysis (CCBA) des International Institute of Business Analysis (IIBA) oder dem BCS Requirements Engineering Zertifikat der englischen Business Analyst Solutions?
Stefan Sturm: Die Unterschiede zu den genannten Zertifizierungen sind vielfältig. Hervorzuheben ist der klare Fokus des CPRE auf Requirements Engineering und der praktische Ansatz. Während beispielsweise IIBA die komplette Business Analyse auf Prozessebene beschreibt, liefert das CPRE fokussiertes praxisnahes Wissen im Requirements Engineering. Diese beiden Zertifizierungen ergänzen sich also perfekt, es stellt sich nicht die Frage, welche besser ist. Hervorzuheben ist, dass sich das CPRE an den fortgeschrittenen Anfänger richtet, wogegen die IIBA-Zertifikate ganz klar die Experten adressieren.
Das angesprochene Zertifikat von BCS ist Bestandteil einer umfangreichen Diplom-Familie des BCS. Das darin enthaltene Requirements Engineering Modul deckt sich zu großen Teilen mit dem CPRE Foundation Level. Daher haben IREB und BCS eine Vereinbarung zur gegenseitigen Anerkennung der Zertifikate geschlossen. Ein wesentlicher Unterschied besteht in der Verbreitung der Zertifizierungen: Während die BCS-Zertifikate hauptsächlich in Großbritannien und Australien anzutreffen sind, wird das CPRE weltweit nachgefragt.
Stefan Sturm in Interview mit microTOOL
Tanja Sadrinna: Sie selbst waren ja vor Ihrer jetzigen Funktion 25 Jahre lang in der Software- und Systementwicklung als Business Analyst, Requirements Engineer, Softwarearchitekt und Projektleiter tätig. Wenn Sie sich die heutige rasante Entwicklungsgeschwindigkeit bei der Entwicklung von Apps und Embedded Systemen anschauen, worin sehen Sie die Herausforderungen im Requirements Engineering in den nächsten 10 Jahren?
Stefan Sturm: Besonders wichtig wird sein, dass bei den immer kürzeren Entwicklungszyklen der Blick auf das Requirements Engineering nicht verloren geht. Es gibt hier Tendenzen das Requirements Engineering zu vernachlässigen oder von Mitarbeitern machen zu lassen, die darin kein ausreichendes Know-How besitzen. Das schlägt sich dann in den bekannten Problemen wie Projektverzug, Budgetüberzug und mangelnder Qualität nieder. Hier ist IREB gefordert dem entgegenzusteuern.
Tanja Sadrinna: Agile Entwicklung ist „in“. Viele – auch große Organisationen – versuchen, diesem Trend in ihrer Entwicklung zu folgen. Welche Hilfestellungen kann der IREB e.V. in diesem Bereich bieten? Verfolgt man Diskussionen im Netz, wird dem IREB zum Thema agile Entwicklung weniger Kompetenz zugeschrieben als beispielsweise dem amerikanischen IIBA. Gibt es da aus Ihrer Sicht Aufholbedarf?
Stefan Sturm: Dieses Thema wird sehr kontrovers und teilweise auch sehr emotional geführt. Meine Antwort zu Ihrer vorherigen Frage war auch im Hinblick auf – aus meiner Sicht falsch verstandene – Agilität zu verstehen. Zuerst einmal möchte ich darauf hinweisen, dass das CPRE an keiner Stelle auf ein Vorgehensmodell bezogen ist. Die Methoden und Techniken, die im CPRE vorgestellt werden, können in gleichem Maße in schwergewichtigen wie auch in leichtgewichtigen Vorgehensmodellen angewendet werden! Allerdings stellen wir fest, dass immer mehr nach konkreten Hinweisen gefragt wird, wie diese speziell in einem agilen Umfeld angewendet werden sollen. IREB hat deshalb eine interne Arbeitsgruppe gebildet, die noch in 2015 konkrete Vorschläge zur Adressierung dieses Themengebietes erarbeiten wird. Ob das ein Zusatz zum Foundation Level, ein Advanced Level Modul, oder ein eigenes Zertifikat sein wird, ist derzeit noch offen.
Tanja Sadrinna: Zum Schluss möchten wir Sie gerne bitten, folgende Sätze spontan zu ergänzen:
Im Vergleich zur Führerscheinprüfung ist die CPRE-Foundation Level Prüfung… wesentlich schwieriger. Man sollte sie nicht unterschätzen.
Das Kürzel IREB steht für mich persönlich für… Eine Organisation in der eine Vielzahl von Experten unentgeltlich enormes leistet – eine echte Non-Profit Organisation! Das beeindruckt mich immer wieder.
Von den vielen Ländern, in denen es CPRE-Zertifizierte gibt, würde ich gerne… in die USA reisen. Dort war ich noch nie und speziell der Yosemite Natinalpark würde mich als Kletterer sehr reizen. Leider hatte ich bei meinen Reisen noch nie die Möglichkeit auch privat etwas zu unternehmen, aber bei den USA würde ich definitiv noch etwas Urlaub anhängen.
Tanja Sadrinna: Danke für das nette Gespräch.
Stefan Sturm: Sehr gerne.
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