Warum der Umgang mit Anforderungen so wichtig ist
Wie viele Tage verwenden Sie in Ihren Projekten für das Requirements Engineering? Einen Tag am Anfang des Projektes? Zwei Tage? Oder 5 Prozent von der gesamten Projektlaufzeit? Wenn der Umgang mit Anforderungen für den Projekterfolg immer wichtiger wird, warum lautet dann die Antwort nicht: „Jeden Tag“? Vielleicht glauben Sie ja gar nicht daran, dass der Umgang mit Anforderungen immer wichtiger wird. Die Anzahl der Anforderungen mag steigen, aber das Wissen über Vorgehen, Ziele und technische Zusammenhänge ebenfalls. Warum sollten Sie also den Anforderungen mehr Aufmerksamkeit in Ihren Projekten schenken?
Gründe für kontinuierliches Requirements Engineering
Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten bei einem Automobilhersteller. Es ist das Jahr 1960 und Sie wollen ein neues Auto entwickeln. Was werden wohl die Anforderungen sein? Vermutlich wollen Sie eine bestimmte Entfernung mit einer Tankfüllung zurücklegen können. Und Platz für 4 Personen sollte das Fahrzeug bieten. Ein Radio muss es auf jeden Fall haben. Sicherheitsgurte wären wünschenswert. Der Blinker ist längst Standard. Und nun stellen Sie sich diese Aufgabenstellung im Jahr 2014 vor. Der Beifahrer-Airbag darf bei einem Unfall nur auslösen, wenn tatsächlich jemand auf dem Beifahrersitz sitzt. Der Getränkehalter sollten in der Mittelkonsole Platz für zwei 500 ml – Getränkedosen mit den Maßen 67 mm * 168 mm bieten. Und natürlich muss die Euro 4 Abgasnorm eingehalten werden.
In der heutigen Zeit sind Hersteller von Software und Systemen, von Automobilen, Küchengeräten oder Raketen mit Anforderungen konfrontiert, die es schlicht vor 50 Jahren noch nicht gab. Wir telefonieren mit Wischgesten. Der Staubsauger Roboter wechselt die Richtung beim sanften Aufprall auf ein Hindernis. Und die eigene Mutter schickt einem Nachrichten per What’s App.
Es gibt also viele Aspekte zu berücksichtigen, die unsere kontinuierliche Aufmerksamkeit erfordern: Randbedingungen, Funktionswünsche, Qualitätsansprüche, Begeisterungsfaktoren. Aber auch das einfache Verständnis der Ziele der Anwender. Und die möglichst vollständige Ermittlung von Anforderungen. Welche technischen Ausdrucksmittel eigenen sich am besten zur Darstellung der Anforderungen? Wie sieht die Architektur der Lösung aus? Mit welchem Prozess wird das Produkt entwickelt? Wie erkennen Sie den Fortschritt? Welche Verfahren zur Priorisierung kommen zum Einsatz?
Kurzum: die Komplexität beim Umgang mit Anforderungen ist dermaßen gestiegen, dass es nicht mehr nur ausreicht, einen kurzen Blick auf die Anforderungen zu Beginn eines Projektes zu werfen. Nur mit kontinuierlichem Requirements Engineering sind Sie in der Lage, die tatsächliche Fülle von Anforderungen zu beherrschen. Und die Möglichkeiten der Dokumentation. Und die Randbedingungen? Und die Erwartungen Ihres Managements. Mit kontinuierlichem Requirements Engineering werden Sie aussagefähiger in Ihren Projekten, haben Ihre Termine besser im Griff und entwickeln schlussendlich auch Produkte, die Ihre Anwender begeistern.
Auf das Geld kommt es an
Den Appell, Requirements Engineering dauerhaft zu betreiben, können Sie bestimmt nachvollziehen. Aber ein Appell ist ein Appell – und bleibt ein Appell. Vielleicht überzeugt Sie ein Blick auf die finanzielle Seite? Termine einzuhalten ist gut. Die Ziele Ihrer Stakeholder zu erreichen auch. Aber wie sieht es mit den Kosten aus? Es gibt verschiedene Studien, die belegen, wie teuer eine Fehlerbeseitigung im Verhältnis zum Projekt- bzw. Entwicklungsfortschritt ist. Es ist nahe liegend, dass eine Rückrufaktion eines Herstellers sehr teuer sein wird und der Hersteller gerne auf diese Kosten und die damit einhergehenden Imageschäden verzichten würde. Im Gegensatz dazu ist das Erkennen eines Fehlers zu Beginn eines Projekts sehr viel günstiger.
Kontinuierliches Requirements Engineering hilft Ihnen also auch über den Projektverlauf, Kosten zu reduzieren. Den Aufwand, den Sie für die Tätigkeiten im Umgang mit Anforderungen investieren, amortisieren Sie sehr häufig durch bessere Produkte, weniger Serviceanfragen und höhere Kundenbindung. Zufriedene Kunden empfehlen Ihre Produkte und Services weiter. Und je mehr Anwender Sie gewinnen, um so mehr Ideen werden Sie gewinnen. Gut, wenn Sie dann bereits jeden Tag Requirements Engineering in Ihren Projekten betreiben.
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