Woher holen Sie Ihr Wissen?

by | 02.01.2017 | Requirements Engineering

Neues Wissen gefällig? Woher holen Sie Ihr Wissen bzw. wie erhalten Sie es aktuell?

Für den Wissenserwerb gibt es heutzutage viele Wege, je nachdem, ob Sie etwas wissen, können, beherrschen oder diskutieren wollen. Insbesondere die Vielfalt an elektronischen Medien und darauf aufbauenden E-Learning-Angeboten unterstützt das Lernen und erhöht die Auswahl. E-Learning bezeichnet alle Lernformen, bei denen elektronische Medien eingesetzt werden. Dank E-Learning können Sie auch je nach Lerntyp auswählen, ob Sie wissen optisch oder akustisch angeboten bekommen.

Wissen oder kennen

Wenn Sie nur mal oberflächlich wissen wollen, was eine Story Map ist, dann werfen Sie eine Suchmaschine an und lesen sich die obersten Suchergebnisse durch. Wenn Sie mehr Details wissen wollen, dann ist ein sorgfältig geschriebenes Buch immer noch der beste Einstieg, weil hier ein Experte die wichtigsten Grundlagen schlüssig aufbereitet hat. Ein dickes Buch bringt Sie übrigens weiter als mehrere dünne, weil sich die dünnen auf recht oberflächlichem Niveau wiederholen. Ein spezielles Story Mapping Buch nutzt mehr als ein allgemeines Buch über agile Software-Spezifikationen, in denen irgendwo eine halbe Seite lang Story Maps erwähnt werden. Da Papier aus der Mode kommt, können Sie das Fachbuch genauso auch elektronisch lesen, als E-Book auf dem Laptop oder dem E-Book-Reader.

Das Lesen gerät allerdings auch aus der Mode. Beliebt sind inzwischen Lernvideos bei Youtube, in denen in 5 bis 10 Minuten ein Wissensschnipsel erklärt wird, z.B. „Wie schreibe ich eine User Story?“ Gerade den auditiv veranlagten Lernern kommt es entgegen, wenn ihnen jemand etwas mündlich erklärt. Ich mag ganz gerne Hörbücher, die mir sozusagen die Hände frei lassen, so dass ich gleichzeitig Quittungen aufkleben und nummerieren, und in derselben Zeit ein Fachbuch lesen (lassen) kann. Dadurch verschaffe ich mir eine ganze Stunde zusätzlichen Input pro Bürotag.

Lehrbücher und E-Learning-Kurse prüfen oft durch Multiple-Choice-Fragen ab, ob der Lerner den Inhalt der Lerneinheit verstanden hat. Dadurch erhält der Lernende direkt Rückmeldung darüber, ob er aufmerksam genug gelesen und alles richtig behalten und verstanden hat.

Können

Wenn Sie das Wissen lesen, sehen oder hören, rauscht es an Ihnen vorbei und klingt ganz einfach. Vielleicht klingt es aber auch schwierig. Jedenfalls haben Sie das Wissen hinterher nur gelesen, gesehen oder gehört. Das genügt für Faktenwissen. Tun lernt man aber nur durch Tun! Vielleicht wollen Sie ja etwas können, z.B. eine Methode anwenden, eine Fähigkeit verbessern. Da Übung den Meister macht, müssen Sie dazu üben. Sie können ja einfach mal eine Story Map erstellen.

Leider fehlt beim einsamen Üben im stillen Kämmerchen ein wichtiges Element des Lernzyklus: das Feedback. Wir verbessern uns nur dann, wenn wir erfahren, ob wir etwas richtig gemacht haben oder nicht. Das können wir selbst nicht immer beurteilen. Wenn wir Neues versuchen, ist es erst ungewohnt und geht auch mal daneben. Kurse bilden einen Schutzraum, in dem man ausprobieren kann und dann kompetentes, konstruktives Feedback erhält. Das gilt nicht für Ihre erste Story Map, sondern auch für Tätigkeiten, die Sie bereits beherrschen, aber dabei mal etwas anderes probieren wollen. Wenn ich einen Vortrag z.B. auf eine bestimmte Weise anfange, wie wirkt das eigentlich? Kann man das so machen? Ich hätte mal eine Idee, was meinen Sie dazu? Passt das zu mir?

Nicht immer brauchen wir unbedingt den Präsenzkurs mit Star-Trainer, Lachsschnittchen in den Kaffeepausen und Wellness-Bereich am Abend. Das eine oder andere können wir sehr wohl alleine zu Hause üben, beispielsweise die Grammatik einer Fremdsprache, Tanzschritte, Programmieren. Gerade auf Anfängerniveau stolpert man lieber unbeobachtet vor sich hin, weil man die Blamage fürchtet. Dabei unterstützen didaktisch gut gemachte E-Books und Lernvideos (auf CD oder im Internet), die einen Schwerpunkt auf Übungen legen. Unser Ergebnis überprüfen und bewerten wir selbst. Das ist nicht ideal, weil man sich so leicht gleich zu Beginn etwas falsch angewöhnen kann. Und Gewohnheiten sind ja bekanntlich hartnäckig. Deshalb hat sich der Trainer als Feedbackgeber noch lange nicht erledigt, trotz Youtube und kostenlosen Online-Vorlesungen. Auch in den Online-Vorlesungen (MOOC = Massive Open Course) versucht man, den Lernenden individuelles Feedback zu geben. Bei tausenden von gleichzeitigen Teilnehmern geht das nur über Peer Review, d.h. wenn die Teilnehmer sich gegenseitig bewerten. Das funktioniert erstaunlich gut und führt zu kritischerem und vielseitigerem Feedback als wenn man sein eigenes Produkt bewertet. Die Qualität der Rückmeldungen ist jedoch nicht garantiert.

Ich wechsle darum Selbstlernen und Kurse miteinander ab. Einen Kurs besuche ich genau dann, wenn ich alleine schon recht weit gekommen bin und nun ganz konkrete Fragen an den Fachmann oder die Fachfrau stellen möchte.

Beherrschen

Im dem Bereich, in dem Sie zu den Experten gehören, ist das Selbstlernen einerseits am einfachsten, andererseits streben Sie nach Perfektion, und diese ist wiederum schwierig zu erreichen. Einerseits fehlt beim Wissen und Können nicht mehr viel, die wichtigsten Konzepte und Methoden kennen Sie und können Sie anwenden. Neues Wissen wird leicht mit dem vorhandenen verknüpft, und wer eine Notation für die Prozessmodellierung kennt, kann auch jede andere schnell erlernen. Die Grundprinzipien und Schwierigkeiten ähneln sich.

Andererseits eben die Perfektion … Die Lernkurve ist am steilsten, solange man über etwas noch gar nichts weiß. Jedes Wort, das man liest, führt zu Erkenntniszugewinn. Irgendwann jedoch muss man ganze Bücher lesen, um auch nur einen einzigen neuen Gedanken zu finden. Noch schwieriger wird es, Perfektion beim Tun-Können zu erreichen. Ohne kompetentes Feedback ist das unmöglich. Wenn Sie Storymapping im Wesentlichen beherrschen und seit Jahren ausführen, muss mit viel Mühe an den Details gefeilt werden. Dazu brauchen Sie einen Feedbackgeber, der das Niveau bereits hat oder übertrifft, das Sie anstreben. Je näher Sie der Perfektion kommen, umso kleiner muss die Kursgruppe sein, umso individueller das Feedback, bis hin zum Einzelcoaching.

Diskutieren

Über viele Spezialfälle schweigen sich dann selbst die dicken Bücher aus. Oder Sie haben etwas versucht, das angeblich bei anderen funktioniert. Hat es aber nicht. Oder Sie hegen eine neue Idee, etwas in einem Bereich anzuwenden, wo es bisher noch nicht üblich war. Um differenzierte oder hypothetische Fragen zu klären, ist es gut, die Weisheit der Gruppe zu nutzen. Selbst ein einzelner Fachmann kann hier nur spekulieren und in seinem Urteil daneben liegen. Lernen durch Diskutieren ist gerade für Experten eine Möglichkeit, sich selbst auf höchstem Niveau noch weiter zu entwickeln. Solche Diskussionen können online in Netzwerken und Foren stattfinden, leiden aber oft unter der im Internet üblichen Unsachlichkeit und Selbstdarstellerei. Arbeitsgruppen innerhalb von Vereinen, Vorträge und Workshops auf Tagungen, aber auch Kleingruppenkurse für Fortgeschrittene bieten einen überschaubaren Rahmen für wissensschöpfende Diskussionen. Hier können elektronische Medien nur noch Kommunikationsunterstützung bieten, beispielsweise in Form eines Webinars (Online-Seminars) oder einer Telefonkonferenz, denn echtes Expertentum kommt nicht aus der Konserve, sondern nur von Menschen.

Fazit

Heutzutage bieten sich Ihnen vielfache Möglichkeiten, um neues Wissen und Können zu erwerben. Welche davon Sie wählen, hängt von Ihrem bisherigen Kenntnisstand ab, was Sie lernen möchten und welcher Lerntyp Sie sind. Oberflächliches Wissen bekommen Sie fast überall. Um etwas zu können, müssen Sie üben, üben und üben. Perfektion und Expertentum erreichen Sie nur durch kompetentes Feedback und den Austausch mit anderen Experten.