Sinnkopplung praktisch anwenden
Wie funktioniert die alltägliche Nutzung von Sinnkopplung? In meinem Gastartikel vom 14. Januar 2015 hatte ich über die Sinnkoppelung als unsichtbare Kraft geschrieben. Heute möchte ich die Unterschiede, Beziehungen, Abgrenzungen zwischen Sinn, Identität und Sinn stiften beschreiben. Und dabei folgende Fragen beantworten:
- In welchen Situationen nützt mein Wissen um Sinnkopplung?
- Wie wende ich es an?
- Was kann ich damit erreichen?
Für die Antworten hilft es, die Kopplungszustände zu unterscheiden, denn wer Sinnkopplung kennt, möchte mit ihr arbeiten.
1 – Sinngekoppelt
Zwei Menschen spazieren Arm in Arm. Durch ihre Nähe zueinander müssen sie kaum sprechen, um die Richtung zu wechseln, die Straße zu überqueren oder vor einem Schaufenster stehen zu bleiben. Sie handeln nahezu einheitlich. Sie verstehen sich mit winzigen, von Dritten kaum wahrnehmbaren Gesten, kurzen Kommentaren und Mienen. In dieser Verbundenheit nehmen sie sich gewollt wahr. Beide sind gegenüber den Handlungsimpulsen des anderen tolerant und aufmerksam. Sie teilen den Weg, den sie einvernehmlich laufen. Sie empfinden ihn als gemeinschaftliche Strecke, die ohne den Partner ärmer wäre. Sie wollen zusammen gehen. Sie wollen aufeinander achtgeben. Sie wollen Seite an Seite die übereinstimmenden Ziele im Blick behalten. Sie respektieren zugleich die persönlichen Wünsche, denen sie im Rahmen ihrer Route begegnen. Sie übernehmen gerne eine Teilstrecke für den Kompagnon. Treffen sie sich, um vereint weiterzukommen, ist jeder vorbereitet. Jeder weiß, wohin er heute möchte, was er erreichen könnte. Jeder hat mehrere Alternativen im Kopf. Einer nimmt auf den anderen Rücksicht. Sie klären schnell, wohin sie gemeinsam wollen. Im Vordergrund steht, den Weg miteinander zu genießen.
Sinngekoppelt bedeutet: Zusammenarbeit gibt Energie, macht Freude und sichert die eigene Existenz.
2 – Nicht gekoppelt
Menschen gehen nebeneinander. Gelegentlich unterhalten sie sich. Sie weisen daraufhin, möchte etwa jemand die Richtung ändern oder die Straße überqueren. Sie achten aufeinander, um den Abstand zu wahren. Alle vermeiden Zusammenstöße. Handlungsimpulse anderer prüft man. Bei Übereinstimmung mit den persönlichen Interessen nimmt man sie gerne auf. Man ist zu Kompromissen bereit, solange ein eigener Nutzen daraus absehbar ist. Kommen sie zusammen, um miteinander zu laufen, überprüfen zuerst alle den Weg, den die anderen seit dem letzten Treffen zurücklegten. Man wägt den Wert der zwischenzeitlichen Handlungen für die individuellen Ziele ab. Beieinander zu gehen ist unterhaltsam und angenehm. Getrennt spürt man keinen oder kaum ein Verlust. Alle haben für sich klar, warum man gemeinsam geht. Bleiben diese Bedingungen unerfüllt, trennt man sich.
Nicht gekoppelt bedeutet: Zusammen arbeiten kann Energie geben, Freude machen und die Existenz sichern.
3 – Entkoppelt
Man vermeidet aktiv ein Zusammentreffen. Begegnen man sich doch, agiert man gewollt gegeneinander. Hinweise lenken den anderen mutwillig in Sackgassen oder Probleme. Man achtet darauf, dass die Mitmenschen schlechter abschneiden. Man übervorteilt. Kompromisse sind schwer bzw. unmöglich. Man nutzt Fehler gezielt gegen die Menschen. Müssen Entkoppelte miteinander laufen, behindern und boykottieren sie den Weg der Kollegen im Rahmen der eigenen Möglichkeiten. Man überlegt, mit welchen Handlungen man Schaden anrichten kann. Zusammensein ist anstrengend und belastend. Getrenntsein erleichtert. Man kennt die Gründe, warum man sich meidet. Ist ein Treffen unausweichlich, benötigt man zumeist Dritte (Mediatoren, Anwälte, Richter etc.), die die Dinge für einen klären.
Entkoppelt bedeutet: Zusammen arbeiten verbraucht Energie, deprimiert und kostet auf Dauer die Existenz.
Sinnkopplung als Bindung zwischen individueller Sehnsucht nach Sinnerfüllung und der Identität des Unternehmens
Wir alle prüfen jede Situation unseres Lebens auf Sinnkopplung. Das passiert großteils unbewusst. In einer funktionierenden, wohltuenden sozialen Beziehung schalten wir dabei unmerklich und häufig zwischen 1 und 2 um. Mal sind wir wirklich innig verbunden und schon im nächsten Moment laufen wir einfach nebeneinander her, bis zum nächsten sinnhaften Energieschluss. In einer gestörten, krankmachenden Beziehung gehen wir in Zustand 3 über. Sinnhafte Energieschlüsse? Fehlanzeige!
Die Komplexität von Sinn lässt uns kaum selbst verstehen, warum wir koppeln, nicht koppeln oder entkoppeln. Anstatt es verstehen zu wollen hilft es zunächst einmal, die eigene Zustandsveränderung wahrzunehmen und daraus Konsequenzen zu ziehen. Mir begegnen viele Menschen, die dauerhaft nicht gekoppelt oder sogar entkoppelt haben. In ihren Beziehungen – wenn ich sie treffe zumeist in der Arbeit – verbrauchen sie immerfort Energie und kommen doch auf keinen grünen Zweig. Sie verlieren ihre Existenz auf Raten. Dabei sind die einzelnen Verluste manches Mal so gering, dass man das Ausmaß des Schadens oft erst zu spät wahrnimmt.
Konsequenzen aus dem eigenen Sinnkopplungszustand abzuleiten ist einfacher, als die meisten meinen. Man kann beispielsweise die Beziehungen zu Kollegen verändern, anstatt gleich zu kündigen, erkennt man eine andauernde Nichtkopplung oder gar Entkopplung. Sinnkopplung hat sehr viel mit dem Miteinander zu tun, in dem man arbeitet. Abhilfe kann da schon die Bewerbung auf eine andere interne Stelle schaffen. Zudem kann es helfen, wechseln damit auch die Ansprechpartner, die Aufgabeninhalte umzugestalten. Das sind erste gute und meistens auch gangbare Schritte, hin zu einem sinngekoppelteren Arbeiten. Radikaler ist es, die Arbeitszeit auf 80% zu reduzieren, um in den gewonnen 20% radikal sinngekoppelten Projekten nachzugehen, wie es ein Leser meines Buchs machte. Bereits 3 Monate später war er zu 100% selbständig und sinngekoppelt. Noch heute – 2 Jahre danach – freut er sich über die Entscheidung!
Im zweiten Schritt gilt es, den Sinnkopplungszustand der anderen zu erkennen. Das reine Erfassen ist dabei noch einfach, schwierig werden hier zumeist zwei Dinge:
- Die Kollegen in ihrem Kopplungszustand zu respektieren sowie zu tolerieren und
- die Konsequenzen daraus zu ziehen und die eigene Wahrnehmung anzusprechen.
Es braucht:
- eine bewusste Streit- und Kommunikationskultur, damit eine Firma mit den Folgen, vor allem aus der Entkopplung umgehen kann.
- ein schlüssig gelebtes Bekenntnis zu Solidarität und Unterstützung gerade für Menschen, die entkoppeln. Denn Sie verlieren damit ihren sozialen und emotionalen Halt im Unternehmen.
konstruktive und verlustarme Wege auseinanderzugehen, sollte sich dauerhaft Entkopplung einstellen. - ein permanentes Streben und ständige Achtsamkeit auf Momente und Chancen, in denen aus nicht gekoppelt sein Kopplung wird/ werden kann.
- die kritische Selbstreflexion und eigene Realitätsprüfung sobald ein Kollege entkoppelt. So wird Entkopplung zu einer Ressource für alle.
Wer auf die Kopplungszustände achtet und daraus handelt, erhöht die Wahrscheinlichkeit der persönlichen Erfüllung enorm. Durch mein Buch, den Blog und bei meinen Vorträgen lerne ich viele Menschen kennen, die zuerst kleine und dann immer größere Schritte zur eigenen Sinnkopplung gingen. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang nur an Erfolgsgeschichten ;)!
Achten Sie einmal auf sich sowie Ihre Kollegen und die Nutzung der Smartphones. Geht die Aufmerksamkeit zum kleinen Bildschirm, ist zumindest eine situative Nicht-Kopplung eingetreten …
Ausführlich behandle ich das Thema im Zusammenhang mit der Gestaltung von Unternehmen in meinem Buch: »Affenmärchen – Arbeit frei von Lack & Leder«. Man kann es kaufen oder online lesen unter www.affenmärchen.de. Sehr gerne können Sie auch hier im Blog Ihre Erfahrungen und Ihre Meinung zum Thema Sinnkoppelung teilen.
Hinweise und weitere Literatur, in der Sinnkopplung eine Rolle spielt:
Bernd Geropp – Ist die Katze aus dem Haus … so arbeiten Ihre Mitarbeiter eigenverantwortlich und selbständig (2013) – redline Verlag
Thomas Höge, Tatjana Schnell – Wirtschaftspsychologie 14. Jahrgang 2012 Heft 1 91 – 99 – Kein Arbeitsengagement ohne Sinnerfüllung
Niels Pfläging – Die 12 neuen Gesetze der Führung: Der Kodex: Warum Management verzichtbar ist – Campus
Schaufeil, W. B. Saalnova, M., González-Romá V. & Bakker, A. B. (2002). – The measurment of engagement and burnout: a two sample confirmatory factor Analytik apporach. Journal of Happiges Studies, 3, 71-92
Dr. Andreas Zeuch – Feel it! So viel Intuition verträgt ihr Unternehmen (2011) – Wiley
Konkrete Links, um speziell Sinnkopplung zu vertiefen:
Grundlagen der Betriebswirtschaft mit Menschen: Sinnkopplung
Die Verwirrung mit der Sinnstiftung
Kennen Sie schon „Wissen online“ – unseren neuen Bereich im microTOOL Download Center?
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