Osterfeiertage – heißt das für Sie auch jede Menge Stress? Vor Ostern ist noch so viel zu erledigen: den Einkauf organisieren, einen neuen Gartengrill besorgen, Balkon, Terrasse, Garten auf Vordermann bringen oder Reisevorbereitungen treffen. Ach, und das Auto hat ja auch noch Winterreifen … Und im Büro? Da drücken die Termine. Eigentlich „passt“ Ostern jetzt gar nicht.
In solchen Zeiten komme ich immer mal wieder auf die Idee, mein persönliches Zeitmanagement zu verbessern. Was habe ich nicht schon alles ausprobiert …
Von GTD über Ivy-Lee-Methode bis Pomodoro – Protokoll meiner Niederlagen
Angefangen habe ich mit einfachen To-Do-Listen, Auflistungen von Aufgaben, meistens ohne Kontext, die – je endloser sie wurden – mich umso stärke belasteten, ja regelrecht paralysierten, sodass ich gar nichts mehr zustande brachte. Dann kamen die Techniken aus dem großen Sortiment an Ratgeberliteratur wie Getting Things Done (GTD) von David Allen (deutsche Ausgabe siehe [1]). Hier werden Aufgaben in Kontextlisten gegliedert. Also habe ich fleißig kontextorientiert strukturiert, Mindmaps gemalt, bin aber nicht von der Stelle gekommen. Nur der Autor ist ein bisschen reicher geworden.
Dann vielleicht etwas Klassisches probieren: die Ivy-Lee-Methode. Ivy Lee war Anfang des 20. Jahrhunderts ein berühmter Produktivitätsexperte. Er hat mit seiner Methode das Management eines großen US-Stahlkonzerns effizienter gemacht – so heißt es jedenfalls. Die Methode geht so: In fünf sich wiederholenden Schritten soll Zeitverschwendung vermieden werden. Im ersten Schritt erstellt man eine Liste der sechs wichtigsten Aufgaben für den nächsten Arbeitstag. Sie wird im zweiten Schritt nach Wichtigkeit geordnet, also priorisiert. Am nächsten Tag beginnt man mit der Abarbeitung der Liste. Das ist Schritt 3. Volle Konzentration gilt dabei der Aufgabe mit der höchsten Priorität. Alle anderen Aufgaben sollten im Sinne von Single Tasking ausgeblendet werden. Schritt 4: Sobald eine Aufgabe erledigt ist, wird die mit der nächsthöheren Priorität in Angriff genommen. Feierabend? Dann noch schnell Schritt 5 erledigen und die Liste für den nächsten Tag aktualisieren. Klingt gut. Aber das Single Tasking funktioniert bei mir anhand der Liste überhaupt nicht.
Nächster Versuch – diesmal mit Pomodoro, erfunden von Francesco Cirillo in den 1980er Jahren, aus heutiger Sicht eine Art Scrum für eine Person: Wieder alle Aufgaben zusammentragen zu einem Backlog, das hier Activity Inventory Sheet heißt. Dann die Aktivitäten für den Tag auf ein zweites Blatt übertragen, das To Do Sheet. Die Arbeitszeit in Abschnitte von 25 Minuten einteilen – vergleichbar mit Sprints. Timer einstellen. Nach einem 25-Minuten-Abschnitt fünf Minuten Pause machen, nach vier von diesen Abschnitten etwas länger pausieren. … Nein halt, nach Stoppuhr arbeiten – so kommt es mir jedenfalls vor – das kann ich nicht.
Neuer Versuch: Personal Kanban
Vor Kurzem bin ich auf ein kleines, von Jim Benson und Tonianne DeMaria Barry sehr unterhaltsam gestaltetes Buch mit dem Titel Personal Kanban, Mapping Work / Navigating Life (deutsche Ausgabe siehe [2]) gestoßen. Kanban in der IT kennen Sie als agilen Ansatz, bei dem es darum geht, die Menge an paralleler Arbeit – Work in Progress (WIP) – zu begrenzen. Ziel ist es, dadurch Engpässe zu vermeiden und die Durchlaufzeiten von wertschöpfenden Anforderungen durch den Entwicklungsprozess zu verkürzen. Was ist nun aber Personal Kanban?
Berufsleben, Privatleben und soziales Leben bescheren uns unzählige Aufgaben und Projekte, für die jeder von uns nur eine einzige Ressource hat – sein Gehirn. Damit es nicht zum Engpass wird, schlagen die Autoren vor, bei der Organisation der persönlichen Aufgaben ähnliche Prinzipien heranzuziehen, wie sie „Organizational“ Kanban in der IT anwendet:
- Die Menge der Arbeit visualisieren
Nehmen Sie ein großes Blatt Papier. Heften Sie es zum Beispiel an eine Wand oder Tür. (Die Entsprechung im „Organizational“ Kanban ist das Kanban-Board.) Notieren Sie auf kleinen Klebezetteln alles, was aktuell erledigt werden muss. Ich unterscheide dabei nicht streng zwischen Terminen und Aufgaben. Kleben Sie die Zettel neben das Blatt Papier. Das ist Ihr initiales Backlog, das Sie kontinuierlich fortschreiben. - Den Fluss der Arbeit sichtbar und nachvollziehbar machen
Für den Anfang reicht es aus, das Blatt in drei Spalten zu unterteilen: READY, DOING, DONE (in „Organizational“ Kanban: die Wertschöpfungskette mit ihren verschiedenen Prozessschritten). Wenn Sie weitere „Stationen“ in Ihrer „Wertschöpfungskette“ benötigen, fügen Sie einfach Spalten hinzu. Bestimmen Sie, was Sie zuerst erledigen wollen, und kleben Sie die entsprechenden Zettel in die Spalte READY. - WIP limitieren
Entscheiden Sie, wie viele Aufgaben Sie wirklich gleichzeitig „schultern“ können. Setzen Sie eine Grenze für die Anzahl der Zettel, die sich in der Spalte DOING befinden dürfen. Das ist Ihr WIP Limit. Es kann sich mit dem Kontext der Aufgaben durchaus mal verändern, ist also nichts Statisches. Mein Tipp: Experimentieren Sie, aber fangen Sie nicht zu ambitioniert an. 3 bis 5, maximal 7 Dinge können die meisten Menschen gut gleichzeitig bedenken. Das ist eine Regel, die sich nicht nur für die Dekomposition von Funktionen und Daten beim Softwareentwurf bewährt hat. - Aufgaben nach dem Pull-Prinzip abarbeiten
„Ziehen“ Sie die Aufgabe, die Sie als Nächstes erledigen wollen, von der Spalte READY in die Spalte DOING. Wenn Sie etwas erledigt haben, dann wandert es – klar – in die Spalte DONE.
Elemente von Pomodoro, der Ivy-Lee-Methode und von GTD sind übrigens durchaus mit diesem Vorgehen kombinierbar. Natürlich gibt es inzwischen auch Smartphone-Apps dafür. Ich bevorzuge allerdings die „manuelle“ Variante mit Stift und Papier. Denn nur damit funktioniert der …
Personal-Kanban-Test
Treten Sie einen Schritt zurück und betrachten Sie Ihr Kanban-Board. Wenn die Last der Arbeit jetzt nicht mehr so unendlich bedrückend auf Sie wirkt und das Gefühl, gar nicht zu wissen, wo Sie anfangen sollen, verschwunden ist, dann ist Personal Kanban das Richtige für Sie.
Mir gefällt an Personal Kanban, …
dass es bei der Planung der persönlichen Aufgaben auf den Fluss und den Durchsatz abzielt und nicht Zeiten und Kapazität in den Vordergrund stellt.
Der Härtetest: Kidzban
Ein Tipp zum Schluss: Gehören Sie zu den geplagten Eltern, denen es nur selten gelingt, die Kinder zum Aufräumen zu bewegen? Alles schon versucht – von Motivation über „Bestechung“ bis zu „ernsten Worten“? Dann probieren Sie es doch mal mit Kidzban. Wie das geht und ob es wirkt, können Sie bei Jim Benson unter [3] nachlesen. Viel Spaß dabei und ein schönes Osterfest.
Quellen:
[1] David Allen: Wie ich die Dinge geregelt kriege: Selbstmanagement für den Alltag, Piper, Deutsche Ausgabe von Getting Things Done, April 2015
[2] Jim Benson, Tonianne DeMaria Barry: Personal Kanban. Visualisierung und Planung von Aufgaben, Projekten und Terminen mit dem Kanban-Board, dpunkt Verlag, Deutsche Ausgabe, Januar 2013
[3] One Kid’s Kanban Board, Jim Benson, September 2009, abgerufen unter https://www.personalkanban.com/pk/featured/one-kidz-kanban-board-2