Remote führen – geht das?

by | 26.04.2021 | Allgemein, objectiF RPM anwenden

Vor ein paar Jahren hörte ich einen Vortrag über das Führen verteilter Teams. Da war von praktischen Problemen die Rede, z.B. der Koordination von Mitarbeitenden in verschiedenen Zeitzonen. Aber es ging auch um tiefgreifendere Aspekte, wie die kulturellen und mentalitätsbezogenen Unterschiede der Teams. Das alles fand ich sehr spannend, aber auch irgendwie „exotisch“. Ein Thema für Global Players, nicht für „normale“ Unternehmen. Und Zweifel blieben: Remote führen – geht das überhaupt?

Aus momentaner Sicht ist das die völlig falsche Frage. Remote führen muss zurzeit gehen. Die Umstände zwingen uns dazu. Aber wie kann das Führen virtueller Teams trotz räumlicher Entfernung – selbst, wenn es nur ein paar Kilometer sind – funktionieren?

Konkret:

  • Wie kann ich als Führungskraft erreichen, dass mein Team bzw. meine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bei der Arbeit an einem Strang ziehen und auf gemeinsame Ziele hinarbeiten?
  • Was kann ich tun, damit jeder und jede die Motivation nicht verliert und kreativ bleibt – auch ohne Präsenzworkshops mit Interaktion und Kreativtechniken?
  • Wie kann ich ohne direkte Kommunikation vor Ort, ohne den täglichen spontanen Austausch und Abgleich von Informationen, die Zwischentöne hören, Stimmungen wahrnehmen, Bedenken erkennen, Konflikte aufdecken und lösen.

Vertrauen schaffen

Führungskräfte, die heute – immer noch – auf Command & Control setzen, werden damit kaum die negativen Auswirkungen auffangen können, die die Isolation im Homeoffice auf die Motivation und Leistung von Teams und Mitarbeitenden hat. An die Stelle von Command & Control müssen beim Führen aus der Entfernung Commitment & Partizipation treten. (Für Organisationen, die sich der agilen Entwicklung verschrieben haben, sollte das nicht neu sein.) Das erfordert vor allem eines: gegenseitiges Vertrauen von Führungskraft und Mitarbeitenden.

Vertrauen aufbauen geht nicht per E-Mail. Vertrauen schaffen Sie über Begegnungen, auch wenn diese zurzeit nur virtuell möglich sind. Dazu gehören Videokonferenzen von Planungs-, Arbeits- und Review-Runden, Feedback-Meetings mit einzelnen Mitarbeitenden oder auch mal ein virtuelles Treffen, wenn es etwas zu feiern gibt. Im virtuellen Raum ist es noch wichtiger als sonst, dass sich Mitarbeitende abgeholt fühlen. Vertrauen schaffen bedeutet für eine Führungskraft, die soziale Zusammengehörigkeit, Eigenverantwortung und Teilhabe der Mitarbeitenden zu fördern. Das erfordert soziale Kompetenz und ein Repertoire an Arbeitstechniken. Sicher, viele Kreativtechniken funktionieren remote nicht. Aber manche lassen sich durchaus in ein virtuelles Format übertragen. Hier ist ein Beispiel für eine gemeinschaftsfördernde Technik, die auch im virtuellen Raum praktizierbar ist:

Gemeinschaft & Selbstorganisation fördern mit virtuellem Lean Coffee

Mitarbeitende haben etwas auf dem Herzen, über das sie sich gern mit anderen austauschen möchten? Schaffen Sie dafür ein Forum und stärken Sie das Gemeinschaftsgefühl, indem Sie Meetings nach der Lean Coffee Methode anregen.

Sehen wir uns diese Arbeitstechnik genauer an: Sie stammt ursprünglich aus dem agilen Kontext [1] und ist aber überall anwendbar, wo auf Eigenverantwortung und Selbstorganisation der Mitarbeitenden gesetzt wird. Ein Lean Coffee ist ein freiwilliges Treffen von drei bis maximal 20 Personen. Das Besondere daran: Es gibt – ähnlich wie bei Open Space – keine vorab definierte Agenda.

Lean Coffee kann vielfältig eingesetzt werden – und das auch mit digitalen Mitteln im virtuellen Raum. objectiF RPM bietet Ihnen zum Beispiel mit seinem Mehrbenutzerzugriff, der Möglichkeit eigene Ergebnistypen zu „erfinden“, dem Kanban Board und der integrierten Videokonferenz- und Chat-Funktion alles, was Sie für einen virtuellen Lean Coffee brauchen.

So geht Lean Coffee mit objectiF RPM:

  • Ermuntern Sie die Mitarbeitenden dazu, Mitglieder von Chat-Gruppen per Chat-Nachricht zu einem virtuellen Lean Coffee einzuladen. (Zu einem Präsenz-Lean-Coffee wird per Aushang z.B. in der Kaffeeküche eingeladen.) Die Einladung sollte nur den Termin, die Dauer (60 bis 75 Minuten sind optimal) und den Gesprächskontext grob nennen (z.B. „Ich mache mir Gedanken, ob wir das nächste Projekt nicht besser vorbereiten könnten. Lasst uns reden.“). Das Treffen wird als Videokonferenz der Chat-Gruppe abgehalten.
  • Der oder die Einladende startet die Videokonferenz zur geplanten Zeit mit dem Messenger in objectiF RPM. Jedes Mitglied der Chatgruppe wird automatisch benachrichtigt und kann sich entscheiden teilzunehmen – oder auch nicht.
  • Der bzw. die Einladende begrüßt die Teilnehmenden und übernimmt die Moderation. Bei mehr als 7 Teilnehmenden sollte jemand für die Co-Moderation zur Verfügung stehen.
  • Anschließend bekommen alle Teilnehmenden ein paar Minuten Zeit, um mit objectiF RPM die Topics aus dem Gesprächskontext festzuhalten, die sie diskutieren möchten. Alle Teilnehmenden können ihre Topics parallel eingeben. Die Topics erscheinen in einem vorbereiteten Kanban Board in der Rubrik „zu diskutieren“.
  • Ist das Sammeln abgeschlossen, stellt am besten jeder Teilnehmende mit wenigen Sätzen seine Topics vor.
  • In einem Präsenz-Lean-Coffee beginnt jetzt das Dot-Voting, das Bewerten der Topics mit Klebepunkten. Die virtuelle Variante: Die Teilnehmenden geben ihre Bewertung per Chat ab (jeder kann insgesamt 3 Punkte auf die Topics verteilen). Die am höchsten bewerteten Topics werden im Kanban Board per Drag & Drop in die Rubrik „in Diskussion“ verschoben …
  • … und los geht’s. Das heißt, fast. Die Teilnehmenden müssen sich zunächst noch auf eine Time Box pro Topic einigen. Ist die Zeit für ein Topic abgelaufen, aber die Diskussion noch in vollem Gange, sollten die Teilnehmenden – videotauglich per Daumen hoch oder Daumen runter – kurz abstimmen, ob sie beim Topic bleiben wollen.
  • Die Ergebnisse können mit objectiF RPM parallel zur laufenden Diskussion festgehalten werden. Meinen Vorschlag für ein passendes Formular sehen Sie in Bild 1.
  • Sind sich alle einig, dass ein Topic behandelt ist, wird es auf dem Kanban Board in die Rubrik „diskutiert“ verschoben.
  • Wenn die Teilnehmenden Maßnahmen beschlossen haben, können diese in objectiF RPM sofort als Aktivitäten angelegt und eingeplant werden.
Lean Coffee Board konfiguriert in objectiF RPM

Bild 1: Für Lean Coffees müssen Sie in objectiF RPM einmalig einen Ergebnistyp anlegen – ich habe ihn „Lean Coffee Topic“ genannt – seine Zustände (zu diskutieren, in Diskussion, diskutiert) definieren und ein passendes Formular für die Bearbeitung erstellen. Der Aufwand dafür liegt im Minuten- nicht im Stundenbereich. Außerdem benötigen Sie ein Kanban Board. Das ist mit ein paar Klicks schnell angelegt.

Vertrauen schaffen und integrativ wirken durch Begegnung, Kommunikation, Förderung von Eigenverantwortung und Selbstorganisation – das sind wesentliche Voraussetzungen, um remote zu führen.

Der Führungsstil macht´s

Aber es gehört noch mehr dazu. Weitere zentrale Punkte sind, dass alle Mitarbeitenden derselben Vision folgen und Klarheit über die angestrebten Ziele besitzen.

Ein Führungsstil, der alle genannten Aspekte umfasst, ist die transformationale Führung [2]. Dabei geht es darum, die Werte und Einstellungen der Mitarbeitenden zu verändern – weg von persönlichen Zielen hin zu übergeordneten, gemeinschaftlichen Zielen. Aufgabe der Führungskraft ist es, die Vision, die Ziele und den Weg dorthin zu kommunizieren. Die Führungskraft unterstützt und fördert die Mitarbeitenden auf diesem Weg individuell und übernimmt Vorbildfunktion.

Virtuell führen

Aber wie kann man den Mitarbeitenden, die isoliert im Homeoffice arbeiten, eine Vision vermitteln? Wie kann man gemeinsam mit ihnen Ziele entwickeln? Auch dafür gibt es Techniken, die im virtuellen Raum praktizierbar sind. Hier zwei Beispiele:

Auf eine Vision und gemeinsame Ziele einstimmen mit virtuellem Vision Board und OKR

Eine Vision z.B. für ein neues Produkt oder eine Produktversion kann auch in virtueller Zusammenarbeit interaktiv mit einem Vision Board nach Roman Pichler entwickelt werden. objectiF RPM bringt eine vorstrukturierte editierbare Datei dafür mit.

So nutzen Sie das Vision Board mit objectiF RPM im virtuellen Team:

  • Legen Sie eine Chat-Gruppe für alle an, die an der Entwicklung der Vision mitarbeiten sollen.
  • Starten Sie eine Videokonferenz für die Chat-Gruppe.
  • Öffnen Sie das Vision Board und teilen Sie das Anwendungsfenster. Die Diskussion kann beginnen.
  • Füllen Sie das Vision Board, speichern und versionieren Sie es und nutzen Sie dazu objectiF RPM als Dokumentenmanagementsystem.

Product Vision Board nach Roman Pichler

Für die Entwicklung der gemeinsamen Ziele bietet sich die OKR Methode an. OKR steht für Objectives & Key Results. Diese Methode ist durch zwei Besonderheiten gekennzeichnet:

  • Zu den qualitativen Zielen (Objectives) werden die quantifizierte Schlüsselergebnisse (Key Results) definiert, die es ermöglichen, den Erfolg, also die Zielerreichung zu messen.
  • Die Ziele werden bei OKR nicht einmalig zu Beginn eines Vorhabens festgelegt und am Ende kontrolliert. Vielmehr wird die Zieldefinition regelmäßig (üblicherweise in einem Dreimonatszyklus) in kurzen Meetings und in Eigenverantwortung des Teams überprüft.

Mit diesen Eigenschaften zielt OKR auch auf die Förderung der intrinsischen Motivation der Mitarbeitenden.

In objectiF RPM finden Sie geeignete Hilfsmittel für die Zieldefinition nach OKR im Rahmen von Videokonferenzen. Eine besondere Rolle spielen dabei die Zieldiagramme, mit denen Sie Ziele und Schlüsselergebnisse sichtbar, nachvollziehbar und überprüfbar machen.

Objectives und Key Results modellieren in objectiF RPM

Bild 4: Ziele und Zieldiagramme sind Standardelemente von objectiF RPM. Für die Schlüsselergebnisse, also die Key Results, habe ich mich in diesem Beispiel für einen benutzereigenen Ergebnistyp entschieden. Die Formulare für Ziele (siehe oben) und Schlüsselergebnisse habe ich auf den spezifischen Bedarf eines Teams zugeschnitten. Die Möglichkeiten für Anpassungen dieser Art sind in objectiF RPM äußerst vielfältig.

Fazit

Remote führen – dazu gibt es heute in den meisten Unternehmen keine Alternative. Die transformationale Führung ist mit ihrer Ausrichtung auf Vertrauen in die Eigenverantwortung der Mitarbeitenden ein passendes Konzept. Es ist nicht neu. Schon 1985 übertrug Bernhard M. Bass die aus der Politikwissenschaft stammende Theorie auf die Mitarbeiterführung. Viele Führungskräfte haben sich seither verbal dazu bekannt. Mit verbalen Bekenntnissen ist es in der momentanen Situation allerdings nicht getan. Mehr denn je ist jetzt ein positives, produktives Arbeitsklima gefragt, das Kreativität Raum gibt und den Zusammenhalt der Teams auch auf Distanz fördert. objectiF RPM leistet mit seinen Kollaborationsfunktionen, methodischen Elementen und seiner hohen Anpassbarkeit einen wesentlichen Beitrag zum erfolgreichen transformationalen Führen – remote.

Lernen Sie objectiF RPM doch einfach einmal kennen. Hier geht es zum Download der kostenlosen Trial-Version.

 

Quellen:

[1] Lean Coffee wurde von Jim Benson und Jeremy Lightsmith 2009 als Moderationsformat entwickelt. Weiterführende Informationen dazu hier.

[2] Wikipedia zur Transformationalen Führung.