Kein Unternehmen kann sich in Zeiten der unaufhaltsam fortschreitenden Globalisierung und Digitalisierung auf dem Status Quo ausruhen. Kontinuierliche Weiterentwicklungen und fortwährende Änderungen sind daher für viele Unternehmen heute Standard. Sie investieren in neue Lösungen und setzen Projekte auf, um Verbesserungen und nachhaltigen Nutzen zu erzielen. Doch wie lassen sich solche Lösungen bewerten? Und wodurch sollte der Nutzen definiert sein? Hier bietet die Solution Evaluation in der Business Analyse Hilfe.
Was meint Solution Evaluation?
Solution Evaluation in der Business Analyse ist die Bewertung von existenten, ganz oder teilweise realisierten Lösungen vor oder nach ihrer Inbetriebnahme im Unternehmen. Der Begriff der Lösung wird in der Business Analyse ganzheitlich betrachtet und umfasst sowohl IT- als auch nicht-IT-Komponenten, also Systeme, Prozesse und Regeln bis hin zu Organisationsstrukturen.
Der Begriff Solution Evaluation geht auf den Business Analysis Body Of Knowledge Guide (BABOK) in der Version 3 zurück, das Standardwerk zur Business Analyse, herausgegeben vom International Institute of Business Analysis (IIIBA) in Toronto, Kanada. Solution Evaluation ist eines der Wissensgebiete im BABOK, die in der Requirements Engineering Literatur typischerweise nicht oder nur ansatzweise vertreten sind, was die Betrachtung besonders interessant macht.
Die externe und interne Perspektive der Solution Evaluation
Der letztendliche Nutzen einer Lösung sollte definiert sein durch Kosteneinsparungen, Umsatzsteigerungen, Steigerung der Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit oder die Erfüllung gesetzlicher Auflagen. Das betrifft sowohl die extern vermarkteten Produkte oder Dienstleistungen eines Unternehmens als auch betriebsinterne Lösungen.
Generell kann man Lösungen in diesem Kontext als umgesetzte Geschäftsanforderungen betrachten. Bevor Lösungen bewertet werden, ist es unbedingt erforderlich, die dem Problem oder dem Wunsch zu Grunde liegenden Geschäftsanforderungen und Anwendungsfälle (Use Cases) klar verstanden und möglichst vollständig dokumentiert zu haben. Genau hier liegt die erste Herausforderung bei der Bewertung von Lösungen: unklare oder unvollständige Anforderungen führen zwangsläufig zu unzureichenden Bewertungskriterien oder zu unpassender Priorisierung oder Wichtung derselben, und damit auch zu einer unzureichenden Solution Evaluation. So kann eine Maske zur Datenerfassung in einem CRM-System für den Innendienst geeignet sein, während sie im direkten Dialog mit dem Kunden eine unzumutbare Benutzbarkeit aufweist und deshalb dort unbrauchbar ist.
Begeisterung und Enttäuschung
Für eine sinnvolle Solution Evaluation ist es also von entscheidender Bedeutung, aus den Geschäftsanforderungen wirklich relevante Bewertungskriterien zu entwickeln. Wirklich relevant sind natürlich zunächst die Kernfunktionen oder Features einer Lösung, die im Mittelpunkt der Betrachtung stehen (Beispiel: Der monatliche Umsatzbericht eines Kunden muss als PDF exportiert werden können). Bewertungskriterien für funktionale Anforderungen können meist einfach von den Anforderungen abgeleitet werden (Funktion vorhanden: ja/nein). Allerdings entscheidet letztendlich oft die qualitative Ausführung der Lösungen darüber, ob Kunden zufrieden oder unzufrieden mit einem Produkt oder einer Dienstleistung sind (Wie „schön“ ist der Bericht? Wie lesbar? Wie nachvollziehbar? Wie schnell verfügbar?). Unglücklicherweise ist eine genaue Spezifikation der der Qualität zu Grunde liegenden nicht-funktionalen Anforderungen anspruchsvoll und mühsam und wird deshalb im Projekt oftmals nur unzureichend ausgeführt. Das Kano-Modell der Kundenzufriedenheit kann eine gute Hilfestellung bei der Entwicklung von Bewertungskriterien sein. So kann z.B. ein grafisch besonders anspruchsvolles Layout eines Umsatzberichtes im PDF Format beim Kunden Begeisterung auslösen und letztendlich erst dazu führen, dass dieser Bericht auch wirklich verwendet wird.
Anforderungen und Bewertungskriterien
Bewertungskriterien und ihre Wichtung (s.u.) für eine Solution Evaluation aus Anforderungen zu entwickeln ist nicht trivial. Allerdings lohnt die Mühe, denn die Fragen, die bei dieser Aufgabe auftauchen, führen zu weiteren Gesprächen und helfen, die Stakeholder genau zu verstehen. Insofern macht es auch unbedingt Sinn, die Kriterien so früh wie möglich zu entwickeln, und zwar bevor die Lösung erstellt oder beschafft wird. Kennt eine Entwicklungsabteilung die Kriterien, die für ihre Produkte nach Fertigstellung in einer Solution Evaluation angewandt werden, kann sie sich optimal darauf einstellen und wird den Kunden mit Sicherheit zufrieden stellen bzw. ihn sogar begeistern können.
Bewertungskriterien und ihre Wichtung
Solution Evaluation kann intern sowohl zur Bewertung neu entstehender Lösungen auf Basis von Mock-Ups, Prototypen oder halbfertigen Produkten angewandt werden als auch zur Bewertung bestehender Lösungen, beispielsweise um festzustellen, ob eine Lösung wirtschaftlich noch weiter betrieben werden kann oder besser abgeschaltet werden sollte.
Extern wird die Solution Evaluation insbesondere bei Ausschreibungen vom Einkauf und den Fachabteilungen angewandt, um die am besten zum Bedarf oder Problem passende Lösung mitsamt Lieferant zu identifizieren.
Besonders bewährt hat sich hier die Verwendung einer gewichteten Bewertungsmatrix, in der die Bewertungskriterien doppelt gewichtet werden, einzeln und zusammengefasst in ihrerseits gewichteten Gruppen. So wurde im nachfolgenden Beispiel der Gruppe „Funktionalität“ 40% Gewicht gegeben, wovon ein Drittel (33%) für die qualitative Umsetzung der Funktionen steht. Diese Technik eignet sich gut, um zu einer gewissen Objektivität in der Bewertung von Lösungen und Lösungsanbietern zu kommen, die dann je nach Ausführlichkeit weniger gesteuert wird durch die Wünsche oder Befangenheit einzelner Stakeholder als durch objektive Bewertungskriterien.
Bewertungskriterien und ihre Wichtung
Solution Evaluation kann intern sowohl zur Bewertung neu entstehender Lösungen auf Basis von Mock-Ups, Prototypen oder halbfertigen Produkten angewandt werden als auch zur Bewertung bestehender Lösungen, beispielsweise um festzustellen, ob eine Lösung wirtschaftlich noch weiter betrieben werden kann oder besser abgeschaltet werden sollte.
Extern wird die Solution Evaluation insbesondere bei Ausschreibungen vom Einkauf und den Fachabteilungen angewandt, um die am besten zum Bedarf oder Problem passende Lösung mitsamt Lieferant zu identifizieren.
Besonders bewährt hat sich hier die Verwendung einer gewichteten Bewertungsmatrix, in der die Bewertungskriterien doppelt gewichtet werden, einzeln und zusammengefasst in ihrerseits gewichteten Gruppen. So wurde im nachfolgenden Beispiel der Gruppe „Funktionalität“ 40% Gewicht gegeben, wovon ein Drittel (33%) für die qualitative Umsetzung der Funktionen steht. Diese Technik eignet sich gut, um zu einer gewissen Objektivität in der Bewertung von Lösungen und Lösungsanbietern zu kommen, die dann je nach Ausführlichkeit weniger gesteuert wird durch die Wünsche oder Befangenheit einzelner Stakeholder als durch objektive Bewertungskriterien.
Fazit
Ob Lösungen die Versprechen halten, die während und nach der Anforderungserhebung gegeben oder auch nur suggeriert wurden, kann kritisch für den Erfolg von Projekten sein. Deshalb müssen die Lösungen und Wertversprechen kontinuierlich und iterativ analysiert werden, so früh wie möglich. Mit Hilfe von Teillieferungen, Mock-Ups, Prototyping oder Proof-of-Concept Installationen wird die Qualität der Lösungen frühzeitig sichtbar, auch hinsichtlich der Aspekte, die man schriftlich nur vage spezifizieren kann, wie beispielsweise die Benutzerfreundlichkeit.
Der Nutzen von Lösungen sollte immer wieder auf den Prüfstand gestellt werden. Dies gilt auch für Lösungen nach ihrer Inbetriebnahme, unmittelbar und auch nachdem sie bereits Jahre in Betrieb sind. Unabhängig von den bisher angefallenen Kosten sollte immer wieder hinterfragt werden, ob eine Lösung noch den aktuellen Geschäftsbedarf adressiert oder sich dieser zwischenzeitlich deutlich geändert hat oder gar entfallen ist. Und ob die Kosten für Betrieb und Wartung mittlerweile den Nutzen nicht deutlich übersteigen. Insofern sollte für jedes Projekt, das eine Ablösung, Überholung oder Neugestaltung eines Systems oder einer Systemkomponente verfolgt, eine Kosten/Nutzen-Analyse gemacht werden. Hiermit werden die Bereiche, in denen Investitionen in neue Lösungen am sinnvollsten sind, zuverlässig identifiziert. Damit wird sichergestellt, dass Investitionen einen nachhaltigen, positiven Effekt auf das Unternehmen haben.
Erfahrungen und Studien haben gezeigt, dass eine zu wenig geplante und strukturierte Solution Evaluation erhebliche Risiken mit sich bringen kann. Sind Entscheidungen auf Basis mangelhafter Vorgehensweisen einmal getroffen worden, werden ggfs. schlecht passende Lösungen in Unternehmen unter Umständen langfristig eingesetzt und führen so nicht selten – über Jahre kumuliert – zu massiven Schäden in Form von vermeidbaren Kosten, Zeitverlust, Umsatzeinbußen bis hin zu Kunden- und Personalverlusten.