Wie funktioniert das V-Modell XT?

Das V-Modell XT. Ein Standard für die Entwicklung von Systemen.

Wofür ist das V-Modell XT? Wie erfolgt das Tailoring und was sind Vorgehensbausteine?

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Das V-Modell XT ist ein Vorgehensmodell für die Durchführung von IT-Projekten, insbesondere zur Entwicklung von Softwaresystemen. Es wurde im Februar 2005 veröffentlicht und löste seinen Vorgänger, das V-Modell 97 ab. Nach dem Pre-Release 0.9 wurden die Versionen 1.0, 1.1, 1.2, 1.3, 1.4, 1.5 und im August 2015 die Version 2.0 freigegeben.

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V-Modell ist eine geschützte Marke der Bundesrepublik Deutschland. Das „V“ im „V-Modell“ steht dabei aber nicht für „Vorgehen“, sondern visualisiert die Idee, Spezifikation mit System- und Softwarearchitektur (quasi die linke Seite des "V") den Tests und der Systemintegration gegenüberzustellen (quasi die rechte Seite des "V").

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Hier sehen Sie eine Projektdurchführungsstrategie. Sie legt fest, wie ein Projekt durchgeführt werden soll. Die blauen Bestandteile sind Meilensteine (bspw. "Anforderungen festgelegt"), an denen über den Fortgang des Vorhabens entschieden wird. Das V-Modell XT nennt sie daher Entscheidungspunkte.

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Das V-Modell XT ist trotz seines Umfangs von 500 Seiten flexibel in der Handhabung. So erlaubt es beispielsweise, dass bereits in Phasen gearbeitet werden darf, auch wenn die formale Genehmigung zum Phasenübergang noch nicht vorliegt. Gefordert wird lediglich die Einhaltung der Reihenfolge der Entscheidungspunkte. Faktisch können Sie also kein Projekt ausschreiben, sofern die Anforderungen nicht definiert sind.

Was ist das V-Modell XT?

Das V-Modell XT ist als Leitfaden zum Planen und Durchführen von Systementwicklungsprojekten konzipiert. Dabei definiert es die in einem Projekt zu erstellenden Ergebnisse (sogenannte Produkte), die Vorgehensweisen zur Erstellung der Ergebnisse und die Verantwortlichkeiten. Durch die eindeutige Definition von Begriffen unterstützt das V-Modell XT zusätzlich die Kommunikation zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Durch das extreme Zuschneiden auf das konkrete Projekt (daher auch der Name XT = eXtreme Tailoring) entsteht anhand von auszuwählenden Projektmerkmalen ein angepasstes Vorgehen.
Es ist somit flexibel nutzbar, an jede Projektgröße anpassbar und eignet sich für Projekte zur Entwicklung und Weiterentwicklung von Systemen. Der Betrieb von Systemen, die Instandhaltung und Instandsetzung sowie die Stilllegung von Systemen ist nicht durch das V-Modell XT abgedeckt. Darüber hinaus bietet es auch keinerlei inhaltliche Unterstützung beispielsweise beim Arbeiten mit Anforderungen, Änderungsanträgen oder Risiken. Es gilt daher als methoden-neutral, auch wenn es implizit den strukturierten Umgang mit Anforderungen und Änderungen fordert. Die aktuelle Version 2.3 wurde vom Bund im März 2019 veröffentlich.
Definition V-Modell XT

Das V-Modell XT ist ein Vorgehensmodell zur Planung und Durchführung von Systementwicklungsprojekten in Unternehmen, in Behörden und im militärischen Umfeld.

Es kann sowohl als Auftraggeber als auch als Auftragnehmer genutzt werden.

Die Vorteile des V-Modell XT

Arbeiten mit dem V-Modell XT bietet verschiedene Vorteile:

  • Gute Planbarkeit von Projekten und Vorhaben durch die Definition von Abläufen, Aktivitäten, Rollen, Rechten, sowie Kosten und Aufwände.
  • Hohe Projekttransparenz durch definiertes Arbeiten in der Projektplanung und -steuerung, beim Risiko-, Problem- und Änderungsmanagement, beim Konfigurationsmanagement, in der Qualitätssicherung, bei der Messung und Analyse sowie dem Berichtswesen.
  • Minimierung der Projektrisiken einerseits durch den definierten Umgang mit Risiken und anderseits durch die Vorgaben zu den erwarteten Ergebnisse, der Vorgehensweisen und der Entscheidungspunkte.
  • Erhöhung der Qualität durch die Beschreibung der erwarteten Inhalte und die regelmäßige Überprüfung von Ergebnissen auf Inhalt und Qualität.
  • Verbesserte Kommunikation zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer durch die Begriffsbestimmung, die Auftraggeber-Auftragnehmer-Schnittstelle und ein aufeinander abgestimmtes Vorgehen.

Damit die Vorteile nicht nur in der Theorie greifen, empfiehlt sich die Benutzung einer Software, mit der alle Projektbeteiligten durch das V-Modell XT bei der Projektplanung und Projektdurchführung unterstützt werden.

Für das Verständnis des V-Modell XT ist es wichtig, Begriffe wie Tailoring, Projekttypen, Projekttypvarianten, Vorgehensbausteine, Produkte, Rollen und Projektdurchführungsstrategien zu kennen.

Diese Begriffe werden nachfolgend erklärt.

Die Projekttypen des V-Modell XT

Die Klassifizierung eines Projekts erfolgt über den Projekttyp und die Rolle, die Sie in dem Projekt einnehmen: Sind Sie Auftraggeber (AG) oder Auftragnehmer (AN)? Als Auftraggeber können Sie bspw. eine Ausschreibung durchführen und als Auftragnehmer an dieser Ausschreibung teilnehmen. So ist es also möglich, dass es ein V-Modell XT Vorhaben und mindestens zwei Projekte gibt: eins beim Auftraggeber und eins beim Auftragnehmer – bei mehreren Auftragnehmern gibt es entsprechend mehrere Projekte. Erfolgt bei Ihnen sowohl die Festlegung der Anforderungen als auch die anschließende Entwicklung in einer gemeinsamen Organisation, beispielsweise beim Zusammenspiel von Fachbereich und IT, dann wären Sie gemäß der V-Modell Rollenfestlegung Auftraggeber und Auftragnehmer in einem (AG/AN).
Zusätzlich zu den drei Projekttypen (AG, AN, AG/AN) unterstützt das V-Modell XT auch Projekte, die der Einführung und Anpassung von Vorgehensmodellen dienen. Für die Einführung und Pflege eines organisationsspezifischen Vorgehensmodells auf Basis des V-Modell XT existiert daher ein eigener Projekttyp.

Insgesamt gibt es vier verschiedene Projekttypen im V-Modell XT:

  1. Systementwicklungsprojekt (AG)
  2. Systementwicklungsprojekt (AN)
  3. Systementwicklungsprojekt (AG/AN)
  4. Einführung und Pflege eines organisationsspezifischen Vorgehensmodells

Die Projekttypvarianten des V-Modell XT

Eine Projekttypvariante bestimmt die Rahmenbedingungen für die möglichen Abläufe eines Projekts. Für jeden Projekttyp bietet das V-Modell XT mindestens eine geeignete Projekttypvariante an. Durch die Auswahl einer Projekttypvariante können über die Vorgaben des Projekttyps hinaus zusätzliche Vorgehensbausteine und Projektmerkmale in ein Projekt einbezogen werden.

Bei einem Systementwicklungsprojekt (AG) erfolgt die Unterscheidung anhand der Anzahl der Auftragnehmer. Mit dem V-Modell XT können Sie also mit einem einzelnen Auftragnehmer oder bei Bedarf auch mit mehreren Auftragnehmern arbeiten.

Für die Projekttypen Systementwicklungsprojekt (AN) und Systementwicklungsprojekt (AG/AN) unterscheiden die Varianten den Systemlebenszyklusausschnitt, den Sie mit Ihrem Projekt adressieren. So stehen mit der Entwicklung, Weiterentwicklung und Migration einerseits und der Wartung und Pflege anderseits verschiedene Optionen zur Auswahl.

Für den Projekttyp Einführung und Pflege eines organisationsspezifischen Vorgehensmodells existiert nur eine gleichnamige Projekttypvariante.

Insgesamt gibt es sieben verschiedene Projekttypvarianten im V-Modell XT:

  1. AG – Projekt mit einem Auftragnehmer
  2. AG – Projekt mit mehreren Auftragnehmern
  3. AN – Projekt mit Entwicklung, Weiterentwicklung oder Migration
  4. AG – Projekt mit Wartung und Pflege
  5. AG/AN – Projekt mit Entwicklung, Weiterentwicklung oder Migration
  6. AN – Projekt mit Wartung und Pflege
  7. Einführung und Pflege eines organisationsspezifischen Vorgehensmodells

Die Ergebnisse des V-Modell XT

V-Modell XT Produktbearbeitung
Die zu erarbeitenden Ergebnisse und Zwischenergebnisse werden im V-Modell XT als Produkte bezeichnet. Die Gesamtheit aller Produkte wird hierarchisch strukturiert, indem inhaltlich eng zusammengehörende Produkte zu einer Disziplin zusammengefasst werden. Darüber hinaus kann ein komplexes Produkt in mehrere Themen gegliedert sein. Bearbeiter mit definierten Rollen sind für die Erstellung der Produkte verantwortlich bzw. mitwirkend. Jedes Produkt wird von genau einer Aktivität fertig gestellt. Für die Bearbeitung von Themen sind Teilaktivitäten bzw. Arbeitsschritte möglich. Auch Aktivitäten lassen sich zu Disziplinen zusammenfassen.

Mehr zu den Rollen im V-Modell XT erfahren Sie hier.

Die Vorgehensbausteine des V-Modell XT

Die wesentlichen Inhalte des V-Modell XT sind in den modularen, aufeinander aufbauenden Vorgehensbausteinen zusammengefasst. Ein Vorgehensbaustein beinhaltet alle Bestandteile, die zur Bearbeitung einer konkreten Aufgabenstellung notwendig sind. Vorgehensbausteine kapseln Aktivitäten, Produkte und Rollen bzw. die Mitwirkungs- und Verantwortlichkeitsbeziehungen von Rollen. Sie sind damit die modularen Einheiten für das Tailoring. Inhaltlich können Sie von anderen Vorgehensbausteinen abhängen. Darüber hinaus sind Vorgehensbausteine anpassbar und erweiterbar – eine große Stärke des V-Modell XT.

Mehr zu den V-Modell XT Vorgehensbausteinen erfahren Sie hier.

V-Modell XT Vorgehensbausteine
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Die Projektdurchführungsstrategien des V-Modell XT

V-Modell XT Durchführungsstrategie
Vorgehensbausteine machen keine Angabe über die Reihenfolge der Durchführung eines Projekts. Entscheidungspunkte sind definierte Meilensteine, die zur Erreichung mindestens ein definiertes Produkt im entsprechenden Zielzustand, beispielsweise fertig gestellt, erwarten. Beim Entscheidungspunkt Projekt definiert müssen zum Beispiel das Projekthandbuch und das QS-Handbuch vorliegen. In anderen Worten: zu Entscheidungspunkten treffen Sie Entscheidungen über den Fortgang Ihres Projekts.

Die Projektdurchführungsstrategie legt nun die Menge und Reihenfolge der nötigen Entscheidungspunkte fest. Sie bestimmt sich anhand der Auswahl einer Projekttypvariante und der Festlegung der Projektmerkmale.

Das Tailoring im V-Modell XT

Das V-Modell XT ist in unterschiedlichsten Projektkonstellationen anwendbar. Zu Beginn eines Projekts muss der Prozess deshalb auf Ihre konkreten Projektbedingungen zugeschnitten werden. Diese Anpassung heißt Tailoring.

Mit dem Tailoring bestimmen Sie somit die zu verwendenden Vorgehensbausteine und die Projektdurchführungsstrategie. Die Basis für Ihr Tailoring bildet die Festlegung des Projekttyps, die Auswahl einer Projekttypvariante und die Charakterisierung Ihres Projekts anhand von Merkmalen. Und wie bestimmen Sie diese Projektmerkmale? In dem Sie beim Tailoring einfache Fragen beantworten: Was ist Ihr Projektgegenstand? Entwickeln Sie ein System aus Hardware und Software? Verwenden Sie Fertigprodukte? Wollen Sie mit Unterauftragnehmern arbeiten? Beschäftigen Sie sich mit der Weiterentwicklung eines Altsystems? Müssen Sicherheitsaspekte besonders berücksichtigt werden?

Mehr zum V-Modell XT Tailoring erfahren Sie hier.

V-Modell XT Tailoring
Für das Tailoring des V-Modell XT benötigen Sie übrigens zwingend eine Software. Und auch das Tailoring im laufenden Projekt, das sogenannte dynamische Tailoring (im Gegensatz zum statischen Tailoring), funktioniert nur mittels Softwareunterstützung. Beispielsweise wenn Sie feststellen, dass die Ermittlung quantitativer Projektkennzahlen entgegen der ursprünglichen Annahme doch erwünscht ist.

Für das Tailoring des V-Modell XT benötigen Sie eine Software. Aber in der Praxis ist nicht das Tailoring die große Herausforderung, sondern die Projektdurchführung.

So funktioniert das V-Modell in der Praxis

Erfahren Sie hier mehr zum V-Modell mit in-STEP BLUE »

in-STEP BLUE

V-Modell XT – sinnvoll oder bürokratisch?
Eine Experten-Meinung:

Das V-Modell XT wird häufig als bürokratisch erachtet. Wie aber fällt die Spiegelung mit agilen Methoden aus? Welchen tatsächlichen Nutzen stiftet das V-Modell XT? Wie sollte das V-Modell XT sinnvoll und praktisch im Projektgeschäft angewandt werden? Wolfgang Kranz – Co-Autor des V-Modell XT und Experte in der Anwendung und Anpassung des Vorgehensmodells – berichtet auf der microTOOL Anwenderkonferenz über seine Erfahrungen.

Weitere Videos zum V-Modell XT finden Sie im microTOOL Video-Center »