Business Analyse in a nutshell

by | 04.02.2015 | Wissen

“Das Problem zu erkennen, ist wichtiger, als die Lösung zu erkennen, denn die genaue Darstellung des Problems führt zur Lösung.”
— Albert Einstein

Was ist Business Analyse?

Es vergeht kaum ein Tag, an dem wir nicht mit der Frage konfrontiert werden, was Business Analyse eigentlich genau ist. Eine sehr berechtigte Frage, wie ich finde. Die meisten geben „Business Analyse“ in Google ein und erhalten, neben der obligatorischen Wikipedia-Definition, als Ergebnisse Werbungen für Trainings, Tools und Vorlagen für Business Analysten und verschiedene Veranstaltungshinweise. Leider gibt es nur sehr wenige Informationen, warum Business Analyse von unschätzbarem Wert für Unternehmen ist, um ihre wirklichen Ziele zu erreichen.

Business Analyse ist eine eigene Disziplin, die eine offensichtliche Notwendigkeit zu erfüllt: Es geht darum sicherzustellen, dass eine Lösung (zum Beispiel eine IT-Lösung) auch tatsächlich dabei hilft, ein Geschäfts-Problem zu lösen (beispielsweise den Arbeitsablauf zu optimieren) und gleichzeitig mit der Unternehmensstrategie im Einklang steht. Das bedeutet, dass die Lösung selbst in einem ersten Schritt ebenfalls hinterfragt werden muss.

Reicht dafür nicht nur gesunder Menschenverstand?

Klingt eigentlich nach Nutzung des gesunden Menschenverstandes, oder? Eigentlich schon, wäre da nicht ein großes Problem: Es ist ein weiter Weg, bevor das Problem wirklich verstanden werden kann. Dazu sind viele Informationen und unterschiedliche Perspektiven notwendig, die alle zunächst einzeln erhoben und gemeinsam betrachtet werden müssen. Doch das, was so einfach in der Theorie zu sein scheint, fehlt meist in der Praxis. Das ist auch im Fall der Business Analyse so.

Nehmen wir ein konkretes Beispiel: Wir haben für einen Kunden aus der Bankenbranche letztes Jahr ein großes Projekt durchgeführt, im Zuge dessen wir Business Analyse in dem Unternehmen eingeführt haben. Als einen ersten Schritt haben wir zunächst betrachtet, wer in dem Unternehmen bereits mehr oder minder Business Analyse macht, wo die wichtigsten Stakeholder sitzen, wie das Unternehmen aufgebaut ist, welche Abteilung es gibt, wie diese miteinander zusammenarbeiten etc. Wir haben also nichts anderes getan als Informationen zu sammeln, die eigentlich schon existierten, aber bei denen noch niemand die Notwendigkeit gesehen hat, sich diese genau anzusehen und zusammenzutragen.
Alleine in diesem Schritt gab es so viele verschiedene Aha-Momente und Blockaden wurden sichtbar, die seit Jahren schon bestanden haben. Die verschiedenen Verantwortungsbereiche konnten so klar definiert und besprochen werden, neue Fragen wurden so direkt an die richtige Stelle weitergeleitet usw. Dieser Schritt, so einfach er klingt, ist aber nur dann von Nutzen, wenn Sie auch wissen, was Sie mit den ganzen Informationen im Folgenden tun, wenn Sie wissen, wie Sie die Informationen einholen – kurz, wenn Sie eine Anleitung oder Methode haben, nach der Sie vorgehen können.

Wozu das Ganze?

Business Analyse hilft, die Aufgabe gleich beim ersten Mal richtig „gebacken“ zu bekommen. So sparen Sie die wichtigsten Ressourcen – Budget und Mitarbeiter – und verkürzen Wege. Sie schließen Lücken zwischen verschiedenen Geschäftswelten, vermeiden Missverständnisse und Unklarheiten und sorgen dafür, dass auch tatsächlich der wirkliche Bedarf des Unternehmens erkannt und gestillt wird. Bei unserem Kunden aus der Bankenbranche lag der Bedarf darin, internes Wissen für alle verfügbar und austauschbar zu machen, fernab von jeglicher IT oder Toollösung. Zu Beginn war niemanden klar, wie die Lösung geschweige denn wie das Problem aussieht. Alle wussten nur, dass etwas ganz und gar nicht rund läuft.

Viele Wege führen nach Rom

Teil des Erfolgsgeheimnisses der Business Analyse ist die ganzheitliche Sichtweise kombiniert mit dem Blick fürs Detail. Entsteht ein Bedarf, ist der Business Analyst gefordert diesen in Frage zu stellen, nicht alles zu akzeptieren, tiefer zu bohren: Was ist der Hintergrund dieser plötzlich wahrgenommenen Notwendigkeit? Welche Probleme sollen gelöst werden? Welche Probleme stecken hinter dem Problem – was ist die Triebkraft dahinter? Wie würde eine mögliche Lösung aussehen? Welche Ausbildung wäre dafür erforderlich? Wird die Lösung selbst wieder zu anderen Problemen führen?

Diese und gefühlte weitere tausende Fragen stellen sich Business Analysten, um dann auf die Suche nach möglichen Lösungen zu gehen. Er oder sie wird versuchen, nicht nur „die eine Lösung“ zu finden, sondern eine Reihe von Lösungen. Der Business Analyst ist eine Art „Lösungs-Agnostiker“: Es werden alle möglichen Optionen angesehen und bewertet, welche davon am besten funktionieren könnte. Bei unserem Kunden haben wir uns also angesehen, wer für die Kommunikation zuständig ist, wie die Kommunikationswege aussehen und erst dann überlegt, wie das Ganze besser und einfacher vonstattengehen könnte.

Ich habe eine Lösung, jetzt fehlt nur das passende Problem …

Business Analyse findet aber nicht nur in großen Unternehmen statt, sondern beginnt schon bei kleineren Fragestellungen und Herausforderungen. Überlegen Sie mal, wo Sie schon die Lösung parat hatten, bevor das Problem tatsächlich bekannt war:

  • Nur mit dieser oder jener Software können wir effizienter arbeiten.
  • Wir brauchen eine neue Homepage für unseren Auftritt.
  • Wir brauchen einen neuen Lieferanten.

Natürlich verschafft die neue Webseite die Möglichkeit, dass Sie einen guten Außenauftritt erhalten. Aber bei weitem nicht so sehr, wie das Finden der wirklich passenden Lösung – die nicht einmal eine Homepage sein muss. Durch ein frühzeitiges Eingreifen und die Sicht auf das Ganze dahinter, kann eine bessere, langfristige Lösung gefunden werden. Vielleicht fehlt es am internen Marketing? Vielleicht kennen sich die Mitarbeiter untereinander kaum und sie brauchen eine Art Kaffeeküche, in der sie sich treffen und auch austauschen können? Zum Beispiel hatte unser Kunde viele Filialen und es musste eine technische Lösung angedacht werden, die auch die unterschiedlichsten Orte auf der ganzen Welt miteinander vereinte und Mitarbeiter miteinander und untereinander verband.

Eine Frage des Zeitpunkts

Wann sollten Sie einen Business Analysten einbeziehen?  Erst wenn Sie merken, dass die Fachabteilung und die IT Abteilung überhaupt nicht miteinander kommunizieren? Oder wenn eine Unklarheit über Verantwortungsbereiche herrscht? Idealerweise beteiligen Sie einen Business Analyst zum frühest möglichen Zeitpunkt, denn so finden Sie die Ursache und die Lösung eines Problems entsprechend frühzeitig.

Erfolgreiche Unternehmen haben Business Analyse bereits als eigene Abteilung in ihr Unternehmen etabliert – und warum nicht? Business Analyse bringt immens viele Vorteile: Sie spart Ihnen Zeit und Geld, sondern sorgt dafür, dass die umgesetzte Lösung auch die passende ist. Und sie passt darauf auf, dass die Lösung selbst nicht zu weiteren Problemen führt. Dabei unterscheiden zwei wesentliche Phasen, wann und wie Business Analyse genutzt wird: Einerseits kann sie strategisch noch vor dem Beginn eines Projektes eingesetzt werden oder andererseits zu einem späteren Zeitpunkt und in operativer Art und Weise. Für einige ist Business Analyse ein zentraler Bestandteil dessen, wie sie arbeiten, für andere ist es etwas, dass sie bei der Auswertung oder bei der Strategieumsetzung unterstützt. Das Unternehmen in unserem Beispiel hat nun seit einem Jahr seine eigene Business Analyse Abteilung und ist sehr zufrieden mit dieser Entscheidung – die besten Problemlöser sind noch immer die, die intern wissen, wie etwas funktioniert, die die Eigenheiten des Unternehmens kennen und die wissen, wo sie tiefer bohren und nachfragen müssen.

Hinweise:

BASISWISSEN BUSINESS-ANALYSE von Ingrid Gerstbach & Peter Gerstbach,
Probleme lösen, Chancen nutzen, erschienen im Redline Verlag, ISBN 978-3-86881-574-0

Basiswissen Business-Analyse von Ingrid und Peter Gerstbach