Haben Sie Angst vor der Digitalisierung oder sehen Sie darin eher Chancen? Als Leser des microTOOL-Blogs vermutlich Chancen. Glück gehabt. Sie sind nicht die Agentur für Arbeit, Wohnungsmakler, Gebrauchtwagenhändler oder gar ein Reisebüro. Die werden es schwer haben. Ok, die Agentur für Arbeit hat noch ihre Verwaltungsaufgaben zur finanziellen und sozialen Absicherung von Arbeitslosen. Aber die anderen? Zukunft ungewiss.
Ein Aspekt der Digitalisierung ist, dass Wissen und Fähigkeiten heute zigfach kopiert und skaliert werden können. Früher verfügten nur Reisebüros über das Wissen zu Hotels vor Ort und besaßen die Fähigkeit, Übernachtungen und Flüge auch zu buchen. Heute kann das jeder mit Zugang zum Internet. Es braucht nicht einmal mehr einen PC. Ein Smartphone genügt, gibt’s für einen Euro mit Mobilfunkvertrag. Fachwissen und technische Fähigkeiten sind weiterhin wichtig, keine Frage. Irgendwer muss ja die Internetplattformen und die Mobile Apps fachlich konzipieren und technisch programmieren. Sie sind jedoch in der Kommunikation mit Kunden nicht mehr das entscheidende Kriterium, welches Ihnen einen Wettbewerbsvorteil in Ihrem Business gibt. Heutzutage hat jeder Zugang zu immer mehr Wissen und Fähigkeiten. Sie bieten den besten Preis zur besten Qualität? Moment, ich recherchiere das einmal schnell mit meinem Smartphone.
Parallel dazu leben wir in einer Zeit der Informationsflut und der kurzen Aufmerksamkeitsspannen. Anstatt einen vierseitigen Artikel zu lesen schauen Sie sich doch auch lieber ein dreiminütiges Video. Besser zwei Minuten.Verständlich, denn diese immense Informationsflut erfordert schnelle Reaktionen und dazu – Vorteil der Digitalisierung – sind Sie heutzutage auch in der Lage. Sie sind heute viel leistungsfähiger im Filtern von Informationen als die Generation Ihrer Eltern. Jeden Tweet, jeden Post bei Facebook, jede WhatsApp-Nachricht … jeden Informationsreiz bewerten Sie in Bruchteilen von Sekunden und das über Ihre gesamte Aufmerksamkeitsspanne. Ein Video von drei Minuten? Ok, aber wenn’s nach 30 Sekunden uninteressant wird: Weg! Und den Luxus, zu bestimmten Informationen sehr schnell „Weg!“ zu sagen, können Sie sich heute auch erlauben. Denn in der Zeit, in der Sie bewerten, haben Sie schon drei neue interessante Tweets auf Ihrer Timeline. Wenn Sie also zu anderen Menschen sprechen, z.B. im Rahmen einer geschäftlichen Präsentation, dann müssen Sie vor allem eine Herausforderung meistern. Sie müssen eine tendenziell immer kürzer werdende Aufmerksamkeitsspanne dadurch verlängern, indem Sie von Ihrem Publikum mehrfach mit „Ja, ist interessant“ bewertet werden. Sonst heißt es ziemlich schnell: „Weg!“. Die neuen Tweets warten schon.
Wenn Sie das heute alleine mit Fachwissen und technischen Fähigkeiten versuchen, dann haben Sie es schwer. Denken Sie ans Reisebüro … Fachwissen und technische Fähigkeiten wurden kopierbar, skalierbar und jederzeit verfügbar. Sie gingen schon immer 1:0 in Führung, wenn Sie in der Lage waren, Kontakt aufzubauen und Kontakt zu halten. Heutzutage – Digitalisierung, Informationsflut und kurze Aufmerksamkeitsspannen – gehen Sie, wenn Sie diese Kunst beherrschen, sogar 2:0 in Führung. Und in der Kommunikation mit anderen Menschen, waren und sind die Techniken des Geschichtenerzählens immer noch die effektivsten Werkzeuge, um Kontakt aufzubauen und Kontakt zu halten. Sprich, um das Spiel zu gewinnen.
Was eine richtige Geschichte braucht
Eine gute Geschichte braucht einen Helden. Er ist das zentrale Objekt und bietet Ihnen hinsichtlich Ihrer Botschaften die Sie vermitteln wollen drei wesentliche Vorteile:
- Er macht die Geschichte persönlich
Es ist ein Unterschied, ob Sie über Dinge wie Produkte, Methoden, Kundensegmente, Nutzerprofile oder Partnerstrukturen reden oder über Menschen, die persönlichen Einsatz bringen, Risiken eingehen, Rückschläge erleiden und letzten Endes doch Erfolge feiern. Ein Held macht eine Geschichte persönlich.
- Der Held lässt uns etwas empfinden
Kontakt wird ab dem Zeitpunkt interessant, wenn Sie Empathie aufbauen können. Sie sind nicht wirklich davon begeistert, dass ein Produkt einen innovativen Algorithmus nutzt oder eine besonders kreative Benutzeroberfläche bietet. Sie sind davon fasziniert, dass jemand entgegen aller Konventionen, Empfehlungen und Prognosen den Mut hatte, die Dinge einfach mal anders zu machen und damit nun sehr erfolgreich ist.
- Er ist ein Element der Visualisierung
Sie denken nicht in Businessplänen, Konzeptdokumente oder Quellcode. Sie denken an ein Team von Softwarenentwicklern, die miteinander diskutieren, streiten, bangen und sich am Ende gemeinsam über ihren Erfolg freuen.
Eine gute Geschichte braucht allerdings nicht nur einen Helden, sondern zwei. Genauer gesagt zwei Versionen des Helden. Der Held muss im Laufe der Geschichte eine Veränderung erfahren: „no change means no story“. Die seit Anbeginn der Menschheit populärste Frage überhaupt lautet: „Was passiert als Nächstes“. Wie löst der Held das aktuelle Problem? Wie besteht er die finale Herausforderung? Und natürlich, wird er das Herz der Angebeteten erobern oder nicht? Das sind die Punkte, die eine Geschichte interessant machen und die Aufmerksamkeitsspanne hochhalten. Die Vergangenheit ist nicht spannend. Die ist vorbei. Das Publikum Ihrer Präsentation möchte etwas über die Zukunft erfahren. Und damit einhergehend stellt sich auch die Frage, wessen Geschichte denn interessant ist? Wer denn eigentlich der Held ist? Viele verwechseln das Thema Storytelling mit Selbstdarstellung. Ihre Kunden, Partner, und Mitarbeiter interessieren sich jedoch nicht für Ihre Vergangenheit. Die wollen wissen, was als Nächstes passiert. Die interessieren sich für die Zukunft! Und zwar für deren eigene Zukunft.
Der Held im Storytelling, ganz besonders im Business Storytelling, ist immer das Publikum. Sie müssen deren Zukunft erzählen. Deren Zukunft hinsichtlich der Frage, was ihnen Gutes widerfahren wird, wenn sie Ihren Empfehlungen folgen, Ihre Services nutzen oder Ihre Produkte kaufen. Der Held alleine bzw. dessen beide Versionen genügen aber noch nicht für gutes Business Storytelling. Ein weiteres wichtiges Element einer guten Geschichte ist das Abenteuer, welches der Held besteht. Sprich, der Weg in die Zukunft. Und ein Abenteuer ist nur dann ein Abenteuer, wenn es auch scheitern kann.
Sehr viele geschäftliche Präsentationen, die zumindest einmal die Zukunft des Publikums und nicht die Vergangenheit des anbietenden Unternehmens beschreiben, kreieren ein Szenario in dem alles herausragend, positiv und sehr erfolgreich ist. Bei der Beschreibung des Abenteuers geht es weniger um die Aufmerksamkeitsspanne des Publikums, sondern vielmehr um Ihre persönliche Glaubwürdigkeit. Niemand glaubt Ihnen, dass man nur dieses Produkt kaufen, diesen Service nutzen, die fünf Maßnahmen umsetzen muss und dann ist alles super. Das soll das schönste Hotel in der Toskana sein, sagt man Ihnen im Reisebüro? Glauben Sie das? Zur Erinnerung, Informationszeitalter!
Der aktive Schritt in die Zukunft, und davon wollen Sie Ihr Publikum ja überzeugen, ist immer schwierig. Denn von der Gegenwart in die Zukunft gibt es nicht nur einen, sondern mehrere Wege. Das macht es teilweise so kompliziert, eine Entscheidung zu treffen. Aber das ist es, was wir im geschäftlichen Kontext immer und immer wieder machen müssen: Entscheidungen über die vermeintlich beste Strategie zu treffen.
„Strategy is about making choices” – Michael Porter
Eine gute Geschichte beschreibt ein Abenteuer, welches der Held bestehen muss. Und eine sehr gute Geschichte vermittelt uns glaubwürdig, dass der Held auch sterben kann. Wenn Sie Business Storytelling in Ihrer Präsentationen nutzen möchten, dann blicken Sie in die Zukunft des Publikums und seien Sie ehrlich darüber, dass dieser Weg schwer, vielleicht sogar riskant ist.
Konflikt & Lösung
Viele Präsentatoren machen den Fehler, Storytelling nur auf emotionale Anekdoten und Beispiele zu beschränken. Umsatzzahlen, Kundenstatistiken, Marktprognosen, Korrelationen und Risikobewertungen sind jedoch maßgebenden Faktoren geschäftlicher Entscheidungen und damit auch für Ihre Präsentation. Zahlen, Daten, Fakten dienen bei geschäftlichen Präsentationen der Wahrheitsbekundung. Sie sind Ihr Hebel, um Ihre Botschaften zu rationalisieren, um zu zeigen, dass Ihr Blick auf die Zukunft des Publikums keine leeren Worthülsen sind. Zahlen, Daten und Fakten begründen in Ihrer geschäftlichen Präsentation sowohl Konflikt als auch Lösung. Und die so zu präsentieren, dass Ihr Publikum lange aufmerksam ist, Ihnen mehrmals ein „Ja, das ist interessant“ gibt und vor allem, danach auch bereit ist, die Veränderung, die Sie anbieten, anzunehmen, das ist die große Kunst des Business Storytellings in geschäftlichen Präsentationen.
Und da ist es wiederum genauso wie bei einer guten Geschichte. Die ist dann unterhaltsam und spannend, wenn sie konkret ist, wenn wir wissen, wer welche Absicht hat. Bei Zahlen, Daten, Fakten gilt daher: werden Sie konkret! Wenn Sie über den Umsatz reden, dann zeigen Sie die Tabellen, Statistiken und Grafiken, die mit dem Umsatz zu tun haben. Die Tabellen, Statistiken und Grafiken zur Personalentwicklung, zu den Produkttests und zu den Marketing-Ausgaben gehören dann auf eine andere Folie, vielleicht sogar, in eine andere Präsentation, wenn es keinen konkreten Bezug zum Umsatz gibt.
Erzählen Sie die richtige Geschichte richtig
Beantworten Sie sich bei der Ausarbeitung Ihrer nächsten Präsentation die folgende Frage:
„Wem vermitteln Sie was und wie?“
Wem: wer ist Ihr Publikum, sprich, wer ist der Held Ihrer Geschichte?
Was: beschreiben Sie den Weg in die Zukunft, das Abenteuer mit all seinen Herausforderungen, welches der Held, Ihr Publikum, bestehen muss.
Wie: welche Zahlen, Daten, Fakten konkretisieren diese Herausforderungen und vor allem, warum es für Ihren Helden, Ihr Publikum, notwendig und lohnenswert ist, diese anzunehmen.
Das Ziel des Business Storytellings ist es, Kontakt aufzubauen und zu halten. Und das bedeutet, wie bei einer guten Geschichte, zu wissen, WIE Sie über WAS und vor allem mit WEM Sie reden.
Wenn Sie mehr über Stefan Marc Wagners Tätigkeiten als Coach, Trainer, Speaker oder Consultant erfahren möchten, besuchen Sie doch mal seine Website: http://www.stefanmarcwagner.com/