Ziele als Basis für die Ermittlung von Anforderungen

by | 10.08.2021 | objectiF RM anwenden

Auf dem Streifzug durch objectiF RM – die Requirements Engineering & Requirements Management Software – waren wir im Teil 2 bei der Stakeholder-Analyse angekommen. Ich habe Ihnen gezeigt, wie Sie Ihre Erkenntnisse über Stakeholder mit dem Werkzeug festhalten.

Der nächste Schritt auf dem Weg zu den Anforderungen an ein neues System heißt: Ziele (Goals) ermitteln. Denn aus den Zielen der Stakeholder kann man oft direkt Anforderungen ableiten. Sie kennen sicher den Satz, der Mark Twain zugeschrieben wird: „Wer nicht weiß, wo er hinwill, wird sich wundern, dass er ganz woanders ankommt.“ Damit Sie dafür sorgen können, dass sich kein Stakeholder mehr wundern muss, enthält objectiF RM Funktionen, mit denen Sie:

  • Ziele einheitlich dokumentieren und den Stakeholdern zuordnen,
  • grafische Zielmodelle entwickeln, die Ihnen helfen, Ziele zu verfeinern, ihre Beziehungen zu analysieren und Zielkonflikte aufzulösen.

Requirements Engineering mit objectiF RM Teil 3/8

„Ziele ermitteln“ als erster Schritt der Anforderungsermittlung

Was ist überhaupt ein „Ziel“?

Stakeholder verfolgen Absichten. Sie versprechen sich von einem geplanten oder einem vorhandenen, weiterzuentwickelnden System, dass es dabei hilft, diese Absichten zu erfüllen. Damit das gelingt, muss das System aus Sicht eines Stakeholders ganz spezielle Merkmale besitzen. Die Beschreibung eines solchen Merkmals vor dem Hintergrund der Absichten eines Stakeholders bezeichnen wir als Ziel.

Im Basiswissen Requirements Engineering nach dem IREB Standard (vgl. [Pohl/Rupp]) heißt es dazu: „Unter einem Ziel versteht man die intentionale Beschreibung eines von Stakeholdern (z.B. Personen oder Organisationen) gewünschten charakteristischen Merkmals des zu entwickelnden Systems bzw. des zugehörigen Entwicklungsprojekts. Ziele werden somit sehr nah an der ursprünglichen Intention der Stakeholder definiert. Ziele eignen sich sehr gut, um in frühen Phasen erste Anforderungen zu erheben und diese bereits zu validieren und zwischen den verschiedenen Stakeholdern abzustimmen.

Neben der Analyse und der Bewertung der Ist-Situation ist die Befragung der Stakeholder eine der wichtigsten Quellen für Ziele. Allerdings liefert eine Fragerunde oft Ziele auf ganz unterschiedlichem Abstraktionsniveau: Da werden manchmal – in einem Atemzug – strategische Ziele („Mit neuem Produkt 35 % Marktanteil erreichen“), Ziele für eine Prozessverbesserung („Ausschussrate in der Produktion um 45 % senken“) und angestrebte technische Eigenschaften im Detail („Verbindungsaufbau in unter 0,5 Sekunden“) genannt. objectiF RM hilft Ihnen, alle Aussagen in einheitlicher Form festzuhalten, einzuordnen und zu strukturieren. Übrigens: Ist Ihnen aufgefallen, dass die Ziele in allen drei Beispielen quantifiziert sind? Das ist eine wichtige Voraussetzung, um nach Fertigstellung der Lösung nachweisen zu können, dass die Ziele tatsächlich erreicht wurden.

Mit objectiF RM beschreiben Sie Ziele formularbasiert anhand von definierten Merkmalen. Dazu gehören – neben dem Namen und einer textlichen Beschreibung – folgende Angaben:

  • die primäre Quelle, aus der das Ziel stammt,
  • die Liste aller Stakeholder, für die das Ziel von Bedeutung ist,
  • die Priorität, die Sie dem Ziel aufgrund Ihrer Analyse einräumen,
  • die Kritikalität, d. h. die Bedeutung, die das Ziel für den Erfolg des Systems hat,
  • die Auswirkungen (Effekte), die das Erreichen/Nicht-Erreichen des Ziels auf die Stakeholder hat.

Ob mit Text, Tabellen, Grafiken oder Fotos – Sie können Ziele ebenso anschaulich wie strukturiert erfassen.

Was sind Zieldiagramme? Wozu sind sie gut?

Leiten sich aus einem Ziel andere Ziele ab? Welche Ziele bedingen einander und welche führen zu Zielkonflikten? Antworten auf diese Fragen finden Sie am besten, wenn Sie die Beziehung zwischen Zielen grafisch modellieren.

objectiF RM stellt dafür eine einfache Darstellungstechnik bereit. Sie lehnt sich an die Notation an, die unter anderem in [Lamsweerde] zu finden ist (unsere Variante ist allerdings ein wenig „eckiger“).

Formal sind die Zieldiagramme Und-/Oder Graphen. Das heißt, Sie können darin Und-Zerlegungen und Oder-Zerlegungen von Zielen abbilden:

  • Bei einer Und-Zerlegung wird ein Ziel in Teilziele verfeinert, die alle erfüllt sein müssen, um das Ziel zu erfüllen. Und-Zerlegungen erkennen Sie im Zieldiagramm an durchgezogenen Linien.
  • Bei einer Oder-Zerlegung wird ein Ziel ebenfalls in Teilziele zerlegt, von denen aber nur eines erfüllt sein muss, um das Ziel zu erfüllen. Oder-Zerlegungen werden durch unterbrochene Linien dargestellt.

Zwischen konkurrierenden Zielen können Sie Konflikt-Beziehungen ins Diagramm eintragen. Sie werden automatisch mit «conflicts» beschriftet. Setzt ein Ziel die Erfüllung eines anderen voraus, machen Sie diesen Zusammenhang durch eine Benötigt-Beziehung kenntlich. Sie erhält die Beschriftung «demands». Wenn Sie Ziele bewerten und Zielkonflikte auflösen wollen, dann brauchen Sie Informationen darüber, welche Ziele welchem Stakeholder besonders „am Herzen liegen“. Um diese Informationen festzuhalten, bieten Ihnen die Zieldiagramme in objectiF RM etwas, was Sie – nach unserer Kenntnis – standardmäßig so nirgendwo finden: Sie können jeden Stakeholder als Symbol in ein Zieldiagramm eintragen, sein „Interesse“ an einem Ziel durch eine Beziehung vom Typ «own» kenntlich machen und der Beziehung eine Gewichtung mitgeben.

So sieht das Editieren von Zieldiagrammen und Zielen in objectiF RM „live“ aus:

Und wenn es beim Ermitteln der Ziele einmal „hakt”?

Wechseln Sie einfach die Sicht, wenn Sie bei den Zielen nicht so recht vorankommen: Beschreiben Sie ein Szenario – und zwar dafür, wie ein Ziel, das Sie schon identifiziert haben, mit dem geplanten System erreicht werden kann. Szenarien helfen,

  • Ziele besser zu verstehen,
  • Ziele zu verfeinern,
  • neue Ziele, an die Sie noch nicht gedacht haben, zu finden.

Wechselwirkung zwischen Zielen und Szenarien

Wechselwirkung zwischen Zielen und Szenarien

Zur Entwicklung von Szenarien erfahren Sie in Teil 4: Use Cases, Personas und Szenarien mehr.

Möchten Sie vorher objectiF RM schon einmal ausprobieren? Hier können Sie Ihre kostenlose Trialversion herunterladen.

 

Quellen:

[Pohl/Rupp] Klaus Pohl und Chris Rupp: Basiswissen Requirements Engineering: Aus- und Weiterbildung nach IREB-Standard zum Certified Professional for Requirements Engineering Foundation Level (iSQI-Reihe), dpunkt Verlag, 2021

[Lamsweerde] Axel van Lamsweerde, Requirements Engineering: From System Goals to UML Models to Software Specification, Wiley, 2009